11.07.2003

Forschung, Medikament, Patient

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Forschung, Medikament, Patient

DAS Beispiel Südafrika machte es offenkundig: Internationales Patentrecht und das Menschenrecht auf Gesundheit sind faktisch nicht miteinander vereinbar. Seit Jahren laufen im Rahmen der WTO Verhandlungsrunden, in denen über den preiswerten Zugang der Kranken in den Entwicklungsländern zu wirksamen Medikamenten gestritten wird. Große Ergebnisse lassen nach wie vor auf sich warten. Aber praktikable Möglichkeiten gäbe es durchaus. Die Voraussetzung wäre ein Umdenken, das endlich akzeptiert, dass Medikamente ein globales Allgemeingut sind.

Hohe Arzneimittelkosten sind für die Entwicklungsländer ein akutes Problem. Doch im Lauf der nächsten zehn oder zwanzig Jahre dürfte die ganze Welt davon betroffen sein. Auch in den Industrieländern, wo sich die Menschen seit fast 50 Jahren an (fast) kostenlose Medikamente gewöhnt haben, ist absehbar, dass das Recht auf freie Zugang zu Medikamenten nach und nach abgebaut wird.

Die große Frage ist, wie lange die Gesundheitssysteme der Industrieländer die stängig steigenden Kosten noch verkraften können. Das gilt besonders im Hinblick auf die ständig neuen Arzneien gegen Krebs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen – ganz zu schweigen von künftigen Behandlungsmethoden, die auf der Grundlage der (wohlgemerkt mit öffentlichen Geldern finanzierten) Genomforschung(1) entwickelt und patentiert werden, oder von Therapien, die aufgrund der ständig alternden Bevölkerung an Bedeutung gewinnen.

In den Vereinigten Staaten werden sich die Ausgaben für Gesundheit nach Schätzungen von Medicare und Medicaid von 1 400 Milliarden Dollar im Jahr 2001 un zehn Jahren auf 2 800 Milliarden verdoppelt haben.(2) Bei den Arzneimittelkosten wird im selben Zeitraum sogar eine Verdreifachung auf 414 Milliarden Dollar erwartet. Auch private Versicherungsgesellschaften stehen daher vor der Alternative, entweder die Leistungen zu kürzen oder die Beiträge anzuheben. Der Abstand zwischen denjenigen, die sich ihre Gesundheit leisten können, und denjenigen, die sich mit einer Grundversorgung begnügen müssen, dürfte damit weiter zunehmen.

In mehreren europäischen Ländern liegt der Anteil der Arzneimittelkosten an den Gesamtausgaben für Gesundheit schon über der in den Vereinigten Staaten erreichten Marke von 10 Prozent. In Frankreich sind es 17 Prozent,(3) in Belgien 16,3 Prozent, in Griechenland 17,1 Prozent und in Deutschland 12,8 Prozent. Die Tendenz ist in allen reichen Ländern steigend. In Kanada machten die Arzneimittel im Jahr 2000 15,2 Prozent des Gesundheitsbudgets aus, gegenüber 11,4 Prozent vor zehn Jahren(4). Ganz ähnlich verläuft die Kostenkurve auch in Japan.

Seit Gründung der Welthandelsorganisation (WTO) 1995 haben sich namentlich aufgrund des „Abkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums“ (Trips) auch im Arzneimittelsektor Weltmarktpreise herausgebildet. Danach dauerte es über drei Jahre, bis die Weltgesundheitsorganisation (WHO) einen Bericht über die möglichen Auswirkungen dieses Abkommens auf den Zugang zu Arzneimitteln vorlegte.(5) Aus den Entwicklungsländern waren besorgte Stimmen zu hören, und einige Nichtregierungsorganisationen, darunter Ärzte ohne Grenzen und Oxfam, organisierten Kampagnen zur Sensibilisierung der Öffentlichkeit.

Als dann im Jahr 2000 die Regierung Südafrikas von 39 Pharmakonzernen wegen eines Arzneimittelgesetzes verklagt wurde, das sich an den Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation orientierte, gab es empörte Reaktionen. In Südafrika wurde die Zivilgesellschaft aktiv, die vor allem zu einer „Kampagne für Arzmittelzugang“ (TAC) aufrief.(6) Auch auf internationaler Ebene begann eine Unterstützungskampagne für Pretoria.

Am 20. Juni wurde die Sache schließlich auf Initiative einiger afrikanischer Länder vor der WTO verhandelt. Nach langwierigen Diskussionen beschloss die Organisation im November 2001 nach der 4. WTO-Ministerkonferenz in Doha (Katar), das Trips-Abkommen „kann und sollte dahingehend interpretiert und umgesetzt werden, dass es das Recht der WTO-Mitgliedstaaten stützt, die öffentliche Gesundheit zu schützen und insbesondere den Zugang aller zu Arzneimitteln zu gewährleisten“. Zu diesem Ergebnis hätte wahrlich jedes Kind kommen können.

Der Logik des Systems zufolge – wenn man den fatalen Zirkelschluss als Logik bezeichnen will – ist das im Trips-Abkommen vorgesehene Patentsystem mit seiner Laufzeit von zwanzig Jahren für die private Pharmaindustrie absolut notwendig, um überhaupt weiterhin Forschungsarbeit leisten zu können. Das Argument lautet, Forschung sei nun einmal teuer und nur durch Patente zu finanzieren, die den Firmen qua Monopolstellung hohe Preise garantieren. Nun sorgen hohe Preise aber dafür, dass die meisten Menschen, die diese Medikamente am dringendsten brauchen, nicht an sie herankommen.

Natürlich geht es nicht ohne Grundlagenforschung und Entwicklung neuer Arzneimittel, aber ebenso unerlässlich ist es, dass diese Mittel auch Leben retten, und zwar sobald sie auf dem Markt sind und nicht erst zwanzig Jahre später. Es sei denn, man will den Widersinn fortsetzen, durch den heutzutage Millionen von Menschen wegen fehlender Medikamente sterben, obwohl diese existieren und allen zur Verfügung stehen könnten.

Die Arzneimittelforschung und die Entwicklung neuer Behandlungsmethoden liegt überwiegend in den Händen privater Unternehmen, die nur dann tätig werden, wenn es für das Produkt einen profitablen Markt gibt. Die Gesundheitsbedürfnisse der Ärmsten der Armen spielen in diesem Kalkül keine Rolle. Dies erklärt auch, warum in den letzten zwanzig Jahren so gut wie keine Forschung über Krankheiten betrieben wurde, unter denen Millionen Menschen in den Entwicklungsländern leiden, also etwa über die Chagaskrankheit, die Leishmaniose, die Schistosomiase und die Schlafkrankheit.

Obwohl es so aussah, als könnte die Katastrophe der massenhaften Aidserkrankungen die Dinge beschleunigen, tut sich in Sachen Arzneimittelzugang nach wie vor sehr wenig – als hätten wir seit Ausbruch der Epidemie nichts dazugelernt. 1986 räumte der damalige WHO-Direktor Halfdan Mahler ein, fast vier Jahre seien ungenutzt verstrichen, weil man den Ernst der Lage „nicht verstanden“ habe.

Sein Nachfolger Dr. Hiroshi Nakajima sah sich nach verwickelten politischen Intrigen genötigt, das „Global Program on Aids“ einzustellen, das der charismatische Jonathan Mann(7) initiiert hatte. Das Erreichte wurde einfach „über Bord geworfen“, wie ein Beteiligter es formulierte. Vier Jahre später erklärte Dr. Peter Piot, Leiter des UN-Programms zur Aidsbekämpfung (UN-Aids), die Übertragung der Verantwortung von der WHO auf die UN-Aids habe abermals vier oder fünf Jahre gekostet.

Diese Verschleppungspraxis ist ein ingraler Bestandteil des Problems. Knapp zehn Jahre nach Markteinführung der ersten antiretroviral wirksamen Medikamente, sind immer noch 99 Prozent ihrer Nutzer Bewohner von Industrieländern. Das WTO-Ministertreffen in Doha gab dem internen Trips-Ausschuss ein Jahr Zeit, den Streit um den so genannten Paragrafen 6 des Trips-Abkommens beizulegen. Dabei sollte eine Antwort auf die Frage gefunden werden, unter welchen Modalitäten Länder mit unzureichenden Produktionskapazitäten für Arzneimittel „obligatorische Lizenzen“ nutzen dürfen. Diese juristische Möglichkeit existiert aufgrund einer Klausel im Trips-Abkommen, nach der ein patentrechtliches Monopol unter bestimmten Bedingungen missachtet werden kann.

Ein Jahr lang redeten die Verhandlungsteilnehmer aneinander vorbei, was nur zeigt, dass sie den Ernst der Lage offenbar nicht erkannt hatten.(8) Natürlich ist der berühmte Artikel 6 nicht die Antwort auf alle Übel der Menschheit, und natürlich sind die Arzneimittelpreise nicht das einzige Problem. Ebenso wichtig ist eine vernünftige Auswahl der Medikamente, die in einem Land jeweils auf den Markt kommen sollen; ebenso wichtig ist eine Lösung des Finanzierungsproblems oder die Pflege und Weiterentwicklung leistungsfähiger Gesundheitssysteme und der dafür benötigten Infrastruktur. Doch all diese Maßnahmen können nicht greifen, solange das Preisproblem nicht gelöst ist.

Schließlich konnte die „Accelerating Access Initiative“ (AAI) erreichen, dass die jährlichen Behandlungskosten je Patient sich seit dem Jahr 2000 innerhalb von nur drei Jahren von 12 000 auf ganze 420 Dollar reduziert werden können. Diese bedeutendste Initiative zur Herabsetzung der Preise für antiretroviral wirksame Medikamente in Entwicklungsländern war im Mai 2000 von UN-Aids und mehreren UN-Agenturen in Zusammenarbeit mit den Pharmaunternehmen Boehringer Ingelheim, Bristol-Myers Squibb, Glaxo SmithKline, Merck & Co und Hoffman La Roche ins Leben gerufen worden. Doch am Ende gebar der Berg nur eine Maus: Obwohl sich in diesen drei Jahren 80 Länder an der AAI interessiert zeigten, 39 einen Aktionsplan entwickelten und 19 immerhin ein Abkommen mit den Firmen unterzeichneten, bezieht seitdem in diesen 19 Ländern nur ein Prozent aller HIV-Kranken antiretroviral wirksame Medikamente. Und von den 30 Millionen Seropositiven(9) in Afrika erreicht das Programm ganze 27 000 Personen.

Der im April 2001 auf Initiative von UN-Generalsekretär Kofi Annan gegründete „Globale Fonds zur Bekämpfung von Aids, Malaria und Tuberkulose“ hat bis heute erst 20 Prozent der nötigen Gelder erhalten. In China, wo die Zahl der HIV-Kranken offiziell auf eine Million geschätzt wird, hat ein westliches Pharma-Unternehmen werbewirksam verkündet, antiretroviral wirksame Medikamente acht Jahre lang kostenlos abzugeben – aber nur an 200 Patienten. Solche Initiativen mögen zwar punktuell Abhilfe schaffen, doch keine von ihnen bietet eine langfristige Lösungsperspektive, weder für die Entwicklungs- noch für die Industrieländer. Jedenfalls ist es völlig undenkbar, dass die Arzneimittelkosten auf Dauer exponentiell anwachsen können, weit stärker als das Kostenniveau der übrigen Wirtschaft.

Bleibt nur zu hoffen, dass die „Internationale Initiative zur Entwicklungs eines Aidsimpfstoffs“ (IAVI), an der sich die größten Pharmaunternehmen, öffentliche Forschungseinrichtungen und Nichtregierungsorganisationen beteiligen, rasch zu einem Ergebnis kommt. Der Impfstoff müsste innerhalb kürzester Frist zum niedrigstmöglichen Preis verteilt werden, was offenkundig nur unter Umgehung des derzeitigen Patentrechts machbar wäre.

„Wem gehört ein Brief? Dem Absender oder dem Empfänger – oder womöglich dem Briefträger, zumindest solange er unterwegs ist?“(10) Mit diesen Worten beginnt der letzte Roman von Antonio Gala „El dueno de la herida“ (deutsch etwa: Der Eigentümer der Wunde).

Jeder dritte Bewohner der Erde hat keinen regelmäßigen Zugang zu Medikamenten, drei Viertel der Menschen leben in Entwicklungsländern, auf die nur 8 Prozent des weltweiten Pharmaabsatzes entfallen. Die technischen und finanziellen Voraussetzungen für die Herstellung der nötigen Medikamente sind jedoch vorhanden. 80 Prozent der 10 Millionen Kinder unter 5 Jahren, die alljährlich sterben, könnten gerettet werden, wenn sich die Eltern die entsprechenden Arzneimittel leisten könnten.

Wem gehört ein Medikament?

DER „Doha-Prozess“ hatte immerhin ein positives Ergebnis: Die Diskussionen drehen sich nicht mehr um handelsrechtliche Spitzfindigkeiten, sondern um die ethische Frage, die nach Antonio Gala lauten könnte: Wem gehört ein lebensrettendes Medikament? Dem Erfinder, dem Patienten oder dem Händler, der es kauft und weiterverkauft?

In der Doha-Debatte hat man zwei Jahre lang Gesundheit und Handel gegeneinander ausgespielt. Und bei vielen Diskussionen auf internationalen Treffen versuchte man zu bestimmen, welches von beiden den Vorrang haben müsse und welche Ausnahmeregelungen zugunsten der Gesundheit erlaubt sein sollen. Erst jetzt hat man endlich gemerkt, dass man Gesundheit und Ausweitung des Handels völlig auseinander halten muss.

Das Recht auf Gesundheit impliziert die Teilhabe an den Ergebnissen des technologischen Fortschritts und die Anerkennung der menschlichen Würde als höchstes Gut. Diese Grundsätze sind in zahlreichen internationalen Verträgen festgeschrieben und werden von den allermeisten Staaten akzeptiert. Entsprechend müssen die Handelsregeln im Besonderen und die Wirtschaftsregeln im Allgemeinen zum Wohl der Gesellschaft beitragen. In keinem Fall dürfen sie den größeren Teil der Menschheit von Reichtum und Wohlstand ausschließen, die der Handel eigentlich zu fördern hätte. Als Grundrecht stellt Gesundheit ein öffentliches Gut dar, das vom Staat und seinen Institutionen aktiv zu schützen ist. Dies nicht tun, hieße eine kranke Gesellschaft akzeptieren. Nach Doha ist eines klar geworden: Solange Arzneimittel als bloße Waren gelten, wird Gesundheit stets ein bloßes Anhängsel der Wirtschaft bleiben.

Wichtige Arzneimittel sind deshalb in Zukunft als weltweites Allgemeingut zu betrachten. Ein solcher Perspektivwechsel erfordert auf mehren Ebenen substanzielle Veränderungen, für die die internationale Gemeinschaft und die öffentlichen Institutionen Lösungen finden müssen.

Darf ein weltweites Allgemeingut patentierbar sein, und zum Monopol einiger weniger, dabei zum Nachteil von Millionen anderer werden? Darf ein Gegenstand, der die Ausübung eines Grundrechts ermöglicht, über zwanzig Jahre einer Zugangsbeschränkung unterliegen? Wie ist die Forschung und Entwicklung neuer Pharmaerzeugnisse zu organisieren, damit sie allen, die sie brauchen, umgehend zugänglich werden? Wie könnte die Entwicklung der Pharmaindustrie gesteuert werden, damit sie sich nicht mehr nur am wirtschaftlichen Gewinn orientiert, sondern auch am Ziel der Verbesserung von Gesundheit und Lebensqualität? Wie wird die Gesellschaft von morgen die weltweite Arzneimittelherstellung sicherstellen? Auf all diese Fragen müssen wir innerhalb der nächsten zehn Jahre dringend eine Antwort finden. Das setzt zuallererst voraus, dass wir die Fragen klar und deutlich formulieren.

Wir haben es hier mit einem außerordentlich vielschichtigen Problem zu tun, in das höchst unterschiedliche Akteure, Interessen und Diskurse hineinwirken. Gefordert ist ein multidisziplinärer Ansatz, der alle Aspekte berücksichtigt. Wir brauchen eine Sichtweise, die es erlaubt, einerseits die internationale Rechtslage mit den jeweiligen nationalen Rechtsordnungen in Einklang zu bringen, andererseits Handel und Menschenrechte miteinander zu versöhnen. Eine kurzfristige und dennoch nachhaltige Lösung ist derzeit nicht in Sicht. Wie können wir vermeiden, dass jeder Schritt vorwärts – wie bei der Aidsbekämpfung – offenbar nur dazu dient, Versäumtes nachzuholen, anstatt wirklich vorwärts zu kommen?

Die Organisation Ärzte ohne Grenzen ist der Auffassung, die Weltgesundheitsorganisation „als einzige internationale Institution mit dem Auftrag, weltweit über die Gesundheit zu wachen“, müsse eine Forschungs- und Entwicklungsagenda für Medikamente erarbeiten, die künftig als weltweites Allgemeingut zu gelten hätten.(11)

Egal ob diese Aufgabe der Weltgesundheitsorganisation oder einem internationalen öffentlichen Konsortium übertragen wird, in jedem Fall sollten sich die Forschungsprioritäten für neue Medikamente an den Bedürfnissen der Menschen statt an Marktgesichtspunkten orientieren. Wie wäre ein solches Unterfangen zu finanzieren? Neben den Beiträgen und Investitionen zahlungskräftiger Staaten hat Dr. James Orbinski, der für Ärzte ohne Grenzen 1999 den Friedensnobelpreis erhielt, die Schaffung einer weltweiten Umsatzsteuer auf Pharmaerzeugnisse vorgeschlagen, um eine öffentliche Forschungseinrichtung zu finanzieren.(12) Zudem bietet sich die Möglichkeit an, einen Teil der nationalen Tabaksteuereinnahmen in einen internationalen öffentlichen Fonds einzuzahlen. Auf diese Weise wären auch Entwicklungsländer aktiv beteiligt, womit man die Forschung über Tropenkrankheiten sicherstellen könnte.

Anstatt die Pharmaindustrie zu attackieren oder die Gegner dieser Industrie zu verteufeln, sollten wir versuchen, den wirklichen Bedarf zu eruieren, um auf dieser Basis für die wichtigsten Medikamente nachhaltige Lösungen zu entwickeln. Das würde es den Wissenschaftlern erlauben zu forschen, den Industriellen zu produzieren, den Patienten gesund zu werden. Untätigkeit und fruchtlose Streitereien hingegen werden uns Krisen bringen, die womöglich noch schlimmer sein werden als die aktuelle Aidspandemie. Und bei denen niemand mehr die Ausrede hat, er habe davon nichts gewusst.

deutsch von Bodo Schulze

* Koordinator des WHO-Aktionsprogramms für Medikamente. Der Beitrag ist eine persönliche Meinungsäußerung des Verfassers.

Fußnoten: 1 Dazu John Sulston, „Das menschliche Genom: Eine Entdeckung, keine Erfindung“, Le Monde diplomatique, Dezember 2002.

2 Zahlen nach S. Heffler, S. Smith, G. Won u.a., „Health Spending Projections for 2001–2011, The latest Outlook“, Health Affairs, Bethesda, März–April 2002, S. 207–218. Medicaire ist der für ältere Menschen, Medicaid der für Bedürftige zuständige öffentliche Gesundheitsdienst in den USA.

3 Am 19. April, mitten in der Osterwoche, gab das Amtsblatt der französischen Regierung, das Journal officiel, eine Erhöhung der Zuzahlungspflicht bei 617 Medikamenten bekannt, deren medizinischer Nutzen von Experten als mäßig eingestuft wird. Betroffen sind besonders häufig verschriebene Arzneimittel. Der Präsident der Nationalen Krankenversicherung, Jean-Marie Spaeth, warf der Regierung daher vor, die Maßnahme sei „rein finanziell“ motiviert und medizinisch ungerechtfertig. Siehe Le Monde, 23. April 2003.

4 OECD, Éco-Santé OECD 2002, Paris 2003.

5 Germán Velásquez und Pascale Boulet, „Mondialisation et accès aux médicaments. Perspectives sur l’accord ADPIC de l’OMC“, Weltgesundheitsorganisation, Genf 1999.

6 Siehe Philippe Rivière, „Die zweite Apartheid heißt Aids“, Le Monde diplomatique, August 2002.

7 Der Epidomologe Jonathan Mann, Professor an der Harvard School for Public Health, war der bedeutendste Vorkämpfer der weltweiten Anti-Aids-Kampagne, der immer wieder auf den Zusammenhang zwischen Armut und HIV-Infektionen, vor allem in Afrika, hingewiesen hat.

8 Dazu James Love, „L’Europe et les États-Unis prolongent l’apartheid sanitaire“, Le Monde diplomatique, März 2003.

9 Dazu eine Studie von Cheri Grace im Auftrag der WHO, Genf 2003, i.V.

10 Antonio Gala, „El Dueno de la herida“, Madrid (Ed. Planeta) 2003.

11 Médecins sans frontières, „Recherche médicale en panne pour les maladies des plus pauvres“, Genf, September 2001.

12 Ebd.

Le Monde diplomatique vom 11.07.2003, von Von GERMÁN VELÁSQUEZ