11.07.2003

Michal Rovner

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Michal Rovner

DIE Gestalten in den Werken der israelischen Künstlerin Michal Rovner sind keine Individuen. Alle Hinweise auf eine konkrete Person oder eine konkrete Geschichte sind getilgt, und dennoch sind die Bilder hochdramatisch und hochaktuell. „Die Personen auf meinen Bildern stehen unter dem Einfluss einer Kraft von außen, der sie gehorchen oder auf die sie reagieren.“ In der Videoarbeit „Red Fields“ (1997), die auf Aufnahmen in der Wüste basiert, nimmt eine Figur unter Mühen vor dem bedrängenden Karmesinrot des glühenden Sandes Gestalt an. In einer anderen Arbeit sieht man schwarze Körper, die sich einzeln, zu zweit oder zu dritt durch eine undefinierbare eisblaue Farblandschaft bewegen; der Betrachter assoziiert Flucht, Kälte und Bedrückung der Betrachterassoziiert. Die Orte der Aufnahmen – die israelische Wüste und Russland – sind nicht mehr auszumachen.

Michal Rovner, die 1957 in Israel geboren wurde und Fotografie studierte, bevor sie 1988 nach New York ging, war in ihrer Jugend Tänzerin. Ein choreografischer Blick und Sinn für Dramatisierung prägt ihre Werke. Sie heuert Darsteller an, fotografiert oder filmt sie und treibt diesen Aufnahmen dann in mehreren Schritten das Konkrete aus. Die Vorlagen werden vergrößert, vergröbert und manipuliert, die reale Farbe wird durch eine expressive Farbe ersetzt. Bei dieser Minimierung treten Formen, Farben und Rhythmen in den Vordergrund.

Rovners politisches Selbstverständnis (sie beteiligte sich letztes Jahr an einer israelisch-palästinensischen Kunstaktion) schwingt auch in ihren Werken mit – explizit in ihrem ersten Video, „Border“ (1996), das vom israelisch-libanesischen Konflikt handelte. Derzeit sind Rovners jüngste Arbeiten auf der Biennale zu sehen: Die Menschen darauf sind winzig; Hand in Hand schreiten sie voran – unermüdlich, wie in Trance.

25 Petrischalen umfasst die zentrale Installation „Data Zone“. Darin laufen winzige Gestalten, zu streng choreografierten Figuren zusammen, die sich in unförmige Klumpen auflösen, um kurz darauf wieder neue Figuren zu bilden. Die Bewegungen sind rastlos und ohne Anfang und Ende. Als seien die Menschen Kulturen von Mikroorganismen und somit Teil eines groß angelegten Versuchs. M. L. K.

Le Monde diplomatique vom 11.07.2003