Nina Kluth
DIE Ölgemälde von Nina Kluth (geb. 1974) sind ein visuelles Erlebnis. Sie haben einen unmittelbaren Zugang zum Auge des Betrachters, ohne dass ein Verstehen oder ein Gedanke vermittelnd dazwischentreten müsste. Ausgangspunkt ist zumeist ein Ausblick, eine Landschaft, die sie aus der Erinnerung oder nach einem Foto malt. Auch die Stimmung fängt sie ein, denn „alles ist ja da, und warum soll es dann kein Material sein“, wie sie sagt. Hier und da erkennt man auf ihren Bildern im Hintergrund Häuser oder andere Abbilder des Realen, die aber durch den Auftrag mit verdünntem Öl und durch die bleiche Farbwahl entrückt erscheinen, während im Vordergrund, fast wie auf einer zweiten Ebene, meist in dickem Öl Linien, Flächen und Flecken aufgetragen sind, die ein eigenes Licht, ja eine zweite Fläche erzeugen und im Malgestus an Informel oder Tachismus erinnern. Andere Gemälde sind von expressionistischem Gestus getragen, und auf einigen der Kleinformate herrscht pure Abstraktion.
Nina Kluth feiert die Rückkehr der Malerei. Für sie ist figurative und abstrakte Kunst kein Gegensatz, sondern Material zur Kreation ästhetischer Wirklichkeit – ähnlich wie Julian Schnabel, der in den Siebzigern in Amerika die Rückkehr der Malerei einläutete: „Bereits existierende Dinge zu verwenden, bringt etwas Ethnographisches in die Bilder. Damit werden ein realer Ort und eine reale Zeit in der ästhetischen Wirklichkeit angesiedelt.“ Durch derartige Ansiedlungen in der Realität kann Nina Kluth frei und in direkter Verbindung zwischen Auge und Hand – ohne Umweg über ein Konzept – den Bildraum konstruieren und dekonstruieren. Um „eine Leinwand im Auge niederzulegen“, wie sie das nennt, nimmt sie sich alle malerischen Freiheiten. M.L.K