14.11.2003

Yoshitomo Nara

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Yoshitomo Nara

MANGAS haben in Japan eine lange Tradition. Der Begriff, der erstmals 1814 in dem Bildlexikon des Holzschnittkünstlers Kathshika Hokusai auftauchte, besteht aus zwei Schriftzeichen. „Man“ steht für rasch, komisch, witzig, verzerrt und „ga“ für gemaltes Bild: Verzerrte Bilder also, die, wie der Comic, auf das Stilmittel der Übertreibung setzen. In Japan, ein Land der (schnellen) visuellen Eindrücke und optischen Reize, sind Mangas heute Bestandteil der Alltagskultur.

Die Manga-Bilderwelt des japanischen Künstlers Yoshitomo Nara (geb. 1958) mit seiner postmodernen Mischung aus traditioneller Maltechnik, Comic-Eindrücken (z. B. The Peanuts) und Fernsehbildern ist hauptsächlich mit Kindern und Tieren bevölkert. Unter einer süßlichen, mitunter grellen Oberfläche erzählen seine Figuren von himmelschreiender Einsamkeit: weit aufgesperrte Augen, kleine Münder, die Arme und Hände an den Boden genagelt. Diese Kinder mit ihren aufgeblasenen Köpfen erinnern in ihrer stummen und trotzigen Anklage gegen die Welt, die sie so allein lässt, an Figuren aus Märchen und die Stimmungen von Popsongs.

„Heutzutage ist es zum Glück nicht mehr verboten, Kitsch und Kinderkram zu mögen, und nur Leute, die sehr erwachsen sein wollen, behaupten von sich, dass sie so etwas gar nicht leiden können“, sagt Yoshitomo Nara, der in Japan als Protagonist des „Kairaku Kaja“ (painting of pleasure) gilt, in einem Interview. Seine stilisierten Simulationen von Alltagskultur erinnern an die Pop-Art; er entwirft zudem auch CD-Covers, Teller, Tassen und T-Shirts. „I don’t mind if you forget me“, lautet lakonisch der Titel seiner ersten Werkschau in Tokio (2002), doch zur Zeit ist daran nicht zu denken. In Japan ist Nara eine Kultfigur. M.L.K.

Le Monde diplomatique vom 14.11.2003, von M.L.K.