12.11.2004

Frankreichs Kriegshunde und ihr Gesetz

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Frankreichs Kriegshunde und ihr Gesetz

VIEL Spott hatten die als chiens de guerre, als „Kriegshunde“, bekannten französischen Söldner übrig, als Frankreichs Parlament im April 2003 einstimmig ein Gesetz zu ihrer Bekämpfung verabschiedete: „Wir hängen es in den Botschaften in Afrika auf!“, „Sie haben es gemacht, damit die Öffentlichkeit in die Hände klatscht“, und: „Das wird sich schon umgehen lassen!“ Ganz anders der sozialistische Abgeordnete und frühere französische Verteidigungsminister Paul Quiles, der das Gesetz vor der Nationalversammlung lobte: Frankreich werde „sich rühmen dürfen, das westliche Land mit der strengsten Gesetzgebung in diesem Bereich zu sein“.

Sie führt einen neuen Straftatbestand ins französische Strafrecht ein: Wer sich als Söldner verdingt, hat mit einer Haftstrafe von bis zu fünf Jahren und einer Geldbuße von 75 000 Euro zu rechnen. Wer Söldner rekrutiert, riskiert sieben Jahre Gefängnis und 100 000 Euro. Als Söldner gelten dabei Personen, die „eigens für die Mitwirkung an einem bewaffneten Konflikt rekrutiert wurden“, ohne Bürger eines an diesem Konflikt beteiligten Staats oder Mitglied von seinen Streitkräften zu sein, und die „sich um ihres persönlichen Vorteils willen unmittelbar an den Feindseligkeiten beteiligen oder zu beteiligen suchen“. Diese Definition spart die zur französischen Armee zählenden Fremdenlegionäre aus.

„Dieses Gesetz entspricht einem dringenden und gerechtfertigten Ersuchen befreundeter, vor allem afrikanischer Länder“, erklärte die Verteidigungsministerin Michèle Alliot-Marie vor dem Senat. In der Tat ist das Gesetz gegen das Söldnerwesen ein an die afrikanischen Staatsführer adressierter Beweis des guten Willens der französischen Regierung. Die bislang einzige Anwendung des Gesetzes scheint diese Annahme jedenfalls zu bestätigen. Im August 2003 wurde in Paris Ibrahim Coulibaly alias „IB“, einer der militärischen Führer der Rebellen in der Elfenbeinküste, samt einem Dutzend mutmaßliche Komplizen verhaftet. Ihnen wird „Destabilisierung“ vorgeworfen: der Versuch, Staatspräsident Laurent Gbagbo zu stürzen und zu ermorden. Die Verhaftung, zu der es in einem Moment starker Spannungen zwischen Paris und Abidjan kam, wurde vom ivorischen Staatspräsidenten wohlwollend begrüßt – und der war „der Letzte, der offiziell französische Söldner eingesetzt hat“, wie ein Schwergewicht des Pariser Söldnermilieus ironisch kommentierte.

Aber sonst haben Söldner von dem neuen Gesetz nicht viel zu befürchten. François-Xavier Sidos, früher Mitarbeiter des berüchtigten Söldnerführers Bob Denard, gibt zu bedenken, dass etwa beim Umsturzversuch auf der Komoreninsel Mohilla 2001 oder bei einer Expedition im Jahr 2002 nach Madagaskar wohl kein Söldner alle sechs Gesetzeskriterien erfüllte.

Sogar ein Mitarbeiter am Gesetzentwurf räumte dessen pragmatische Ziele ein: Er habe den Söldnern das Leben schwer machen und ein strafrechtliches Risiko schaffen wollen, um die Privatkrieger zu mehr Vorsicht – oder Diskretion – anzuhalten. Die einschlägigen Kreise haben den Wink zur Kenntnis genommen. „Das wird das Milieu professionalisieren und die Spreu vom Weizen trennen. Wer jetzt zu viel redet, läuft Gefahr, dass man ihn zur Rechenschaft zieht“, bestätigt ein Söldner. Ein Wechsel des Berufs komme für ihn trotzdem nicht in Frage: „Mit dem Internet können wir locker weiterarbeiten. Wir müssen nur unsere Rekrutierungsmethoden ändern.“ „Wir werden Offshore-Zellen aufbauen, zum Beispiel auf den Fidschiinseln“, meint ein anderer. Außerdem stellt das Gesetz ja nur die „direkte Beteiligung an Kampfhandlungen“ unter Strafe. Der Kernbestand der „Profession“ bleibt unangetastet: Ausbildung, militärische Führungsaufgaben, Kommunikation und Informationsbeschaffung.

Vergleichsweise ungewiss ist demgegenüber das künftige Schicksal der im Irak tätigen „Privatsoldaten“. Derzeit sind mehrere Dutzend ehemalige französische Soldaten und Fremdenlegionäre bei den einschlägigen englischen und US-Unternehmen beschäftigt. Die meisten von ihnen nehmen konventionelle Sicherheitsaufgaben im Nahschutz wahr. Andere jedoch wurden angesichts der wachsenden Unsicherheit und der zunehmenden Zahl von Angriffen gegen Nichtiraker bereits in bewaffnete Auseinandersetzungen verwickelt – und werden dafür von anderer Seite bezahlt. Erfüllt dies den Tatbestand der „Beteiligung an Feindseligkeiten“? Auch Juristen werden an den Unsicherheiten im Irak noch viel Geld verdienen.

BARBARA VIGNAUX

Le Monde diplomatique vom 12.11.2004, von BARBARA VIGNAUX