Der Korea-Boom
DIE frühen Jahre der Bundesrepublik Deutschland wurden durch die Ereignisse in Korea sowohl ökonomisch als auch politisch entscheidend geprägt. Zwischen Mai und August 1948 konstituierte sich die politische Grenze zwischen der vormals sowjetisch besetzten Zone im Norden und der von den Amerikanern besetzten Zone im Süden von Korea. Der 38. Breitengrad, die zunächst vorläufige Demarkationslinie von 1945, teilte das Land fortan in die Republik Korea und in die Demokratische Volksrepublik Korea. Im Frühsommer desselben Jahres beschlossen die Engländer, Amerikaner und Franzosen, ihre in Deutschland besetzten Zonen in einer Wirtschafts- und Währungsunion zusammenzuschließen – unter Ausschluss der sowjetisch besetzten Zone. Damit wurde die deutsche Teilung, die von Ost nach West verlief, noch vor den Staatsgründungen von 1949 besiegelt. Im erinnernden Bewusstsein der westdeutschen Nachkriegsgesellschaft war es die Deutsche Mark, die zu einer deutlichen Verbesserung der Lebensverhältnisse nach dem Krieg geführt hatte: Quasi über Nacht hatten sich zwar die Konsummöglichkeiten rasant vervielfacht, wie die Schaufensterauslagen zeigten. Für viele bedeutete es aber zunächst eine Verschlechterung der ökonomischen Lage – Lebensmittel wurden plötzlich erheblich teurer, und die Zahl der Arbeitslosen nahm kontinuierlich zu (2 Millionen 1950). Der Genuss von Butter, Kaffee oder Schweinefleisch blieb noch bis in die Mitte der 50er-Jahre unter dem Vorkriegsniveau, und Kühlschränke oder Waschmaschinen waren Luxusgüter, die sich nach einer Repräsentativumfrage des Allensbacher Instituts für Demoskopie noch 1955 nur elf bzw. zehn von hundert leisten konnten.
Für den Durchbruch sorgte tatsächlich die Koreakrise von 1950/51. An dem weltweit spürbaren Nachfrageboom konnte die Bundesrepublik auch deshalb teilhaben, weil auf Initiative der USA die nach 1945 verhängten Produktionsbeschränkungen für den Bereich der Schwerindustrie aufgehoben wurden. Damit konnten in diesem Schlüsselsektor, der auch für den Aufbau der Infrastruktur entscheidend war, erneut Arbeitsplätze entstehen. Gerade in der Metallindustrie konnten die Gewerkschaften ihre Forderungen nach Lohnerhöhungen erstmals durchsetzen. Damit begann sich die Lohn-Preis-Schere, die durch die Währungsreform entstanden war, allmählich wieder zu schließen. Der Korea-Boom hat also Westdeutschland den Weg zurück auf den Weltmarkt eröffnet.
Außerdem begann die Bundesregierung unter Konrad Adenauer mit dem Ausbruch des Koreakrieges 1950, die Wiederbewaffnung zu fordern. Dagegen entstand spontan die „Ohne uns“-Bewegung, auf deren Betreiben – trotz des offiziellen Verbots – im Sommer 1951 eine Volksbefragung stattfand. Eine große Mehrheit sprach sich gegen die Militarisierung der Bundesrepublik aus. Neben dieser bundesweiten Aktion gab es zahlreiche regionale Engagements, die auf Demonstrationen und in Manifesten „die Ächtung der Atomwaffe“ und „den sofortigen Rückzug der amerikanischen Truppen aus Korea“ forderten.
DOROTHEE D‘APRILE