14.01.2005

Trends und Wechselwirkungen

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Trends und Wechselwirkungen

DIE langfristige Weltenergieentwicklung ist Gegenstand zahlreicher Szenarios. Sie beruhen zum Teil auf Vorhersagen, die die neuere Entwicklung für einen bestimmten Zeitraum hochrechnen. So auch die jüngst veröffentlichte Studie der Internationalen Energiebehörde (IEA) und der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), die für die kommenden 25 Jahre eine beunruhigende Entwicklung prognostiziert.

Demnach steigt der Energiebedarf zwischen 2002 und 2030 um 66 Prozent (beim Erdgas um 100 Prozent, beim Erdöl um 60 Prozent, bei der Kohle um 55 Prozent, bei den regenerierbaren Energieträgern um 100 Prozent). Die Atomkraft soll auf heutigem Niveau stagnieren, der Kohlendioxidausstoß um 70 Prozent zunehmen.

Andere Szenarios entwerfen Zukunftsbilder, die auf unterschiedlichen Annahmen zur Energiepolitik beruhen und deren Auswirkungen auf die Angebots- und Nachfrageentwicklung sowie auf die Umwelt skizzieren. Zu dieser Gruppe gehören die Prognosen, die das International Institute for Applied Systems Analysis (IIASA) im Auftrag des Weltenergierats erstellt, sowie das „Noé“-Szenario des französischen Centre National pour la Recherche Scientifique (CNRS).

Diese Szenarios beruhen jeweils auf denselben Annahmen zur Bevölkerungsentwicklung (10 Milliarden Einwohner im Jahr 2050), gehen aber von unterschiedlichen energiepolitischen Zielsetzungen aus. Während die Szenarios der Gruppe A die technologische Entwicklung und einen Überflussangebot an Energie in den Vordergrund rücken, zielen die der Gruppe C auf mehr Umweltverträglichkeit, das heißt eine Begrenzung der Treibhausgasproduktion oder der Atomabfälle, wobei Noé die Folgen einer gleichzeitigen Begrenzung beider Schadstoffe berechnet.

Bereits ab 2020 zeigen die Extremszenarios (Gruppe A und Noé) erhebliche Unterschiede beim prognostizierten Energiebedarf: rund 4 Milliarden Rohöleinheiten. 2050 übersteigt die Differenz sogar den gegenwärtigen Weltenergieverbrauch in Höhe von rund 10 Milliarden Rohöleinheiten.

Nicht der vermehrte Einsatz regenerierbarer Energieträger zeichnet die ökologischen Szenarios der Gruppe C sowie das Noé-Szenario aus, sondern der geringere Energiebedarf. Den größten Handlungsspielraum bietet offenkundig ein sparsames Energiebedarfsmanagement für alle Wirtschaftsbereiche, aber weniger in der Gewichtung der verschiedenen Energielieferanten als vielmehr in der jeweils als unerlässlich geltenden Energiemenge.

Le Monde diplomatique vom 14.01.2005