14.01.2005

Nutzen für Entwicklungsländer

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Nutzen für Entwicklungsländer

DIE Ökonomen messen die Energieeffizienz einer Volkswirtschaft daran, wie viel Energie für die Herstellung einer Währungseinheit der Wirtschaftsleistung eines Landes aufgewendet werden muss. Die „Lernkurve“ eines Landes in puncto Energieverbrauch zeigt im Allgemeinen eine Glockenform und spiegelt die verschiedenen Phasen der Wirtschaftsentwicklung wider.

Im Anfangsstadium nimmt die Energieintensität zu. In dieser Zeit baut ein Land seine wichtigsten Infrastrukturen auf: Schwerindustrie, Verkehrsnetz, Städtebau. Der Energiebedarf und die Energieintensität des Bruttoinlandsprodukts (BIP) nehmen zu. Irgendwann wird eine Sättigungsgrenze erreicht. In Großbritannien war dies um 1880, in den Vereinigten Staaten um 1920, in Frankreich und Deutschland um 1930, in Japan um 1960.

Der anschließende Rückgang der Energieintensität hat mehrere Gründe: Der Verbrauch an energieintensiven Rohstoffen nahm nicht mehr zu, der Anteil wenig energieintensiver Dienstleistungen am Bruttoinlandsprodukt wurde wichtiger, und der technologische Fortschritt veränderte die traditionellen Energiefresser.

Wie das Schaubild zeigt, liegt die maximale Energieintensität, die ein Land im Laufe seiner Industrialisierung erreicht, regelmäßig unter dem Höchststand der zuvor industrialisierten Länder. Das ist nur natürlich, weil die Entwicklung der jüngeren Industrieländer von leistungsfähigeren Technologien profitiert. Ein Land wie China weist derzeit hohe Wachstumsraten auf, steht aber dennoch an der Schwelle zu einer rasch sinkenden Energieintensität.

Das „historische Gesetz“ eines angeblich starren Zusammenhangs zwischen Wirtschaftswachstum und steigendem Energieverbrauch lässt sich über lange Zeiträume also nicht verifizieren. Die gestrichelte blaue Linie zeigt die wahrscheinliche Entwicklung der durchschnittlichen Energieintensität der meisten Entwicklungsländer in den kommenden Jahrzehnten.

Fußnote: Karten von Benjamin Dessus und Philippe Rekacewicz, in Zusammenarbeit mit Emmanuelle Bournay und Elaine Baker Quellen: Enerdata Online-Datenbank und Enerdata Yearbook Edition 2004, http://www.enerdata.fr; Benjamin Dessus u. Hélène Gassin, „So watt? L‘énergie: une affaire de citoyens“, Paris (Editions de l‘Aube), erscheint Februar 2005; Bejamin Dessus, „Atlas des énergies pour un monde vivable“, Paris (Syros) 1994; Internationale Energiebehörde (IEA), „World Energy Outlook 2004“, Paris; Jean-Marc Jancovici, „L‘homme et l‘énergie, les amants terribles. La jaune et la rouge, énergie et environnement“, 2004; Stéphane His, „Quelle alternative énergétique à moyen et long termes?“, Revue de l‘énergie 554, Paris, Februar 2004; „Transports et changements climatiques: un carrefour à haut risque, Reseau action climat – France (RAC-F)“, Montreuil, April 2004. Statistisches Bundesamt, Fachserie „Verkehr aktuell“, Dezember 2004.

Le Monde diplomatique vom 14.01.2005