Künstlerin dieser Ausgabe: Jane Alexander
IN der ehemaligen britischen Offiziersmesse „Burg der Guten Hoffnung“ in Kapstadt hat die weiße südafrikanische Künstlerin Jane Alexander eine Figurengruppe installiert: „African Adventure“. Kolonialismus und Apartheid sind hier noch einmal vom Ende her in Szene gesetzt: als Albtraum, der bevölkert ist mit Monstern, Hybriden, verstümmelten Puppenprinzessinnen, lebensgroßen Farmarbeitern und nackten Siedlern in Spielzeugautos – und mittendrin stolziert ein an Max Ernst erinnerndes Vogelwesen.
Alexanders Figuren mit den weit aufgerissenen lidlosen Augen schauen ins Nichts, sie treten weder miteinander noch mit dem Betrachter in Beziehung. Eine gemeinsame Welt ist nicht mehr vorstellbar.
Die 1959 in Johannesburg geborene Jane Alexander, die bereits zahlreiche renommierte Auszeichnungen erhielt (darunter 2002 den Daimler Chrysler Award) begann ihre künstlerische Arbeit mit grauen Hybriden: nackte Menschenkörper mit Tierköpfen, Hörnern und tiefen, haarüberwachsenen Narben auf Brust und Rücken. Schon damals verarbeitete sie Fundstücke aus den verschiedenen Kulturen und Wirklichkeiten des Landes: rostige Macheten und Straußenfedern, Dornen und Diamanten neben ausrangiertem Kinderspielzeug.
Fünf Jahre hat Jane Alexander an dem multimedialen Werkzyklus „African Adventure“ gearbeitet, der neben der hier abgebildeten Installation auch aus Videos und Fotomontagen besteht. Die Kombination von Gegenwart und Geschichte war ebenfalls das Thema eine Arbeit über die Familiengeschichte: hinter den Baukränen des neuen Berlins am Potsdamer Platz, hinter einem Trabi, einem im Stechschritt marschierenden Zwitter aus Mensch und Greifvogel erkennt man ein Bild des Hauses, das Jane Alexanders Vater in Berlin bewohnte, bevor die Familie 1936 emigrierte. „… the past is never over,“ glaubt sie, „ it is real and perhaps more powerful than the present.“
Jane Alexander gibt keine Interviews. Sie überlässt es dem Betrachter, die Ambiguität und Entfremdung, die in all ihren Werken präsent sind, in der eigenen Fantasie zu beleben. Ihre Figuren sind umgeben von einem dramatischen Vakuum und scheinen Teil eines globalen musée imaginaire zu sein. Dennoch ist Jane Alexanders Albtraum zutiefst südafrikanisch, und so speisen sich die Figuren immer aus Bildern und Erfahrungen Südafrikas: zur Geschichte des Kolonialismus etwa gehört, dass Schwarze wie wilde Tiere zur Schau gestellt wurden. Zu den menschlichen Beziehungen unter kolonialen Bedingungen, sagt Jane Alexander „gehören auch die Gewalt, Erniedrigung und Angst der Täter – und die Fähigkeit der Opfer, die Beschädigung und Deprivation abzuschütteln“. Kein Wunder, dass die Figuren ihre „natürlichen“ Dimensionen eingebüßt haben. M.L.K.