11.02.2005

70 Jahre Richterskala

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70 Jahre Richterskala

IM Jahr 1935 entwickelte der US-Seismologe Charles Francis Richter (1900–1985) ein Verfahren zur Bewertung der Stärke von Erdbeben. Als Maß für die Magnitude wählte er den Ausschlag eines fiktiven Seismografen, der in einer Entfernung von 100 Kilometern vom Epizentrum aufgestellt ist. Tatsächlich sich ereignende Erdbeben werden dann auf diese Standardsituation umgerechnet.

Die Richterskala ist nicht linear, sondern logarithmisch zur Basis 10. Die jeweils nächsthöhere Stufe entspricht einer 10-mal größeren Erdbebenstärke. Ein Beben der Stufe 4 zum Beispiel ist 10-/100-/1 000-mal so stark wie ein Beben der Stufe 3/2/1.

Aus geophysikalischen Zusammenhängen folgt, dass die bei Erdbeben freigesetzte Energie sogar exponentiell zur Basis 32 wächst. Von einer Richter-Stufe zur nächsten entlädt sich jeweils 32-mal mehr Energie. Die freigesetzte Energie zum Beispiel auf Stufe 4 ist 32-/1 024-/32 768-mal so groß wie die Energie auf Stufe 3/2/1.

Die Richterskala ist zwar prinzipiell nach „oben offen“. Mehr als der Wert 10 ist aber nicht realistisch. Bei dieser Stärke müsste ein ganzer Kontinent aufreißen. Bei Stärke 100 würde rein rechnerisch gar so viel Energie freigesetzt, dass die ganze Erdkugel zerbräche.

Der höchste bisher gemessene Wert auf der Richterskala beträgt 9,5, festgestellt beim Seebeben 1960 im Pazifik vor der Küste Chiles. Das Seebeben am 26. 12. 2004 an der Westküste Nordsumatras war mit einer Stärke von 9,0 das fünftstärkste in den letzten 100 Jahren.

Die bis 1935 übliche Mercalliskala war nach dem italienischen Vulkanologen Giuseppe Mercalli (1850–1914) benannt. Er teilte Erdbeben in zwölf Stufen ein: von unmerklichen, nur seismografisch registrierbaren Erdbeben (Stufe I) bis zu verheerenden Katastrophen (Stufe XII). Für ein Erdbeben der Stufe VII der Mercalliskala hieß das etwa: „Leicht gebaute Häuser können schwer beschädigt werden. Menschen geraten in Panik und laufen aus den Häusern, leichte Schäden auch an massiven Bauwerken. Todesopfer in dicht besiedelten Regionen wahrscheinlich.“ Da sich aus den Wirkungen und Folgen eines Erdbebens jedoch nur sehr ungenau die eigentliche Stärke ableiten lässt, entwickelte Richter das neue, messtechnisch eindeutige Verfahren, das mit Verbreitung der modernen Seismografen möglich wurde. Infos: www.learn-line.nrw.de/angebote/agenda21/lexikon/Richter-Skala.htm

Le Monde diplomatique vom 11.02.2005