Künstler dieser Ausgabe: John Baldessari
MIT 35 Jahren verbrannte der amerikanische Künstler John Baldessari (geboren 1931) fast alle seine Werke, wandte sich ab von der reproduktiven Malerei und begann in Anlehnung an die Pop-Art mit der Arbeit an Konzeptkunst-Serien. Seither ist das Foto, genauer: das photo trouvé, zentrales Medium seiner Kunst: anfangs in der Kombination mit Text, später als Collage. Seit den 1980er-Jahren übermalt er die Fotos mit leuchtenden Farben. Oft wählt er hierzu Filmstills, denn sie fordern Assoziationen heraus und sind besonders ausdrucksstark. Baldessari spielt dabei explizit mit dem allgemeinen Bildgedächtnis.
In seiner ersten Fotoserie „The Back of All the Trucks“ von 1963 – die er als einzige 1966 von der Vernichtung ausnahm – hatte Baldessari am Sonntag, dem 20. Januar 1963, auf einer Fahrt von Los Angeles nach Santa Barbara alle Lastwagen fotografiert, die er auf der Strecke überholte: Standbilder eines amerikanischen Roadmovies mit der Windschutzscheibe als willkürlich gesetztem Bildrahmen. Doch die meisten der „Konzepte“, die er verfolgt, thematisieren ähnlich wie Andy Warhols serielle Bildfabrikationen und Robert Rauschenbergs „Combine Paintings“ die Medialisierung des Alltags.
Baldessari ist ein Meister der Collage: „Wo zwei Bilder zusammenkommen, entsteht ein drittes“, sagt er, und auf diese „dritte Zone“, auf das, was zwischen den Dingen passiert, zielen seine Werke ab.
Die leuchtenden Acrylfarben auf seinen Bildern sind codiert: Rot steht für Gefahr, Grün für Sicherheit, Gelb für Kälte –ein Rückgriff auf expressionistische Farbauffassungen. Schon Vincent von Gogh sagte: „Ich habe versucht, mit Rot und Grün die schrecklichen menschlichen Eigenschaften auszudrücken.“ Deshalb malte er ein Café als blutroten und mattgelben Raum mit einem grünen Billard, zitronengelben Lampen und orangefarbenen und grünen Strahlenkreisen. Ein Ort, wie er meinte, „an dem man sich ruinieren, verrückt werden oder ein Verbrechen begehen kann“.
Auch Baldessari arbeitet mit der Signalwirkung der Farbe. Seine Lust am Spiel mit der Oberfläche kombiniert Heiteres und Dramatisches auf riesigen Bildflächen. In seinem Werkzyklus „Somewhere Between Almost Right and Not Quite (With Orange)“, der als Auftragsarbeit für die Deutsche Guggenheim entstand, ist Baldessaris „Konzept“ die Erkundung der Farbe Orange – zwischen Gelb und Rot.M. L. K.
Der Katalog „Somewhere Between Almost Right and Not Quite (With Orange)“ erschien 2004 (Hatje/ Cantz Verlag), die Ausstellung ist noch bis zum 25. März im Neuen Museum Weserburg, Bremen, Teerhof 20 zu sehen.