09.01.2025

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In Syrien sind noch kurz vor dem Fall des Assad-Regimes zwei Medienschaffende zu Tode gekommen. Mustafa al-Kurdi, ein Journalist der lokalen Nachrichtenwebsite Focus Aleppo, und Anas Alkharboutli, Fotoreporter der dpa, wurden von der syrischen Armee getötet.

Der Regimewechsel in Syrien hat die Herrschaft eines Diktators beendet, den RSF/RoG 24 Jahre lang zu den schlimmsten Feinden der Pressefreiheit („predators of press freedom“) zählte.

Die systematische Ermordung, Misshandlung und Folter von Regierungskritikern einschließlich oppositioneller Jour­na­lis­t:in­nen gehörte jahrzehntelang zu den Methoden, mit denen sich Baschar al-Assad (2001–2024) und sein Vater Hafis (1970–2000) an der Macht hielten. Seit dem Bürgerkrieg von 2011 und der Aufsplitterung des Landes haben allerdings auch verschiedene Rebellengruppen und Milizen, die Teile Syriens kontrollierten, missliebige Medienschaffende verfolgt und unterdrückt.

Seit der brutalen Niederschlagung der Protestbewegung von 2011 wurden 181 Jour­na­lis­t:in­nen umgebracht. Allerdings war der Terror nicht auf Assads Machtbereich beschränkt. In ganz Syrien wurden insgesamt 283 Medienschaffende getötet. Allein der IS hat im Zeitraum 2013–2017 ebenfalls 22 Jour­na­lis­t:in­nen umgebracht. Andere Rebellengruppen sind für den Tod von 19 Jour­na­lis­t:in­nen verantwortlich. Sechs von ihnen sollen von Mitgliedern der Hai’at Tahrir asch-Scham (HTS) ermordet worden sein. Die von Ahmed al-Scharaa unter dem Kampfnamen al-Jolani angeführte Organisation wird auch für acht Entführungen verantwortlich gemacht. Bei 59 Getöteten – immerhin ein Fünftel der 283 Fälle – war es bis heute nicht möglich, die Verantwortlichen zu ermitteln. Mehrere kurdische Medienschaffende kamen bei Luftangriffen in Nordsyrien ums Leben (zuletzt im August 2024), die der türkischen Armee zugeschrieben werden.

Am 9. Dezember 2024, dem Tag, an dem Damaskus von der HTS eingenommen wurde, waren immer noch 23 Jour­na­lis­t:in­nen eingekerkert, 10 weitere galten als vermisst. Von diesen 33 Inhaftierten und Verschwundenen ist die Mehrzahl vermutlich nicht mehr am Leben. Zeugen berichten, dass in den Gefängnissen systematisch gefoltert wurde, es keine medizinische Versorgung gab und nach Scheinprozessen kurzerhand hingerichtet wurde. Die schlimmsten Folterstätten – wie das Sednaya-Gefängnis, von Insassen als „Hölle auf Erden“ bezeichnet, oder das vom Geheimdienst der Luftwaffe betriebene Mezzeh-Gefängnis – haben nur wenige Medienschaffende lebend verlassen. Zu ihnen gehören zwei Gefangene, deren Befreiung in Video-Berichten vom 8. Dezember gezeigt wurde: die Journalistin Hanin Gebran, die für Syria Media Monitor arbeitet und seit Juni 2024 inhaftiert war, und der Blogger Tal al-Malluhi, der seit 2009 im Gefängnis saß.

Le Monde diplomatique vom 09.01.2025