12.12.2024

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In Indien geht die Hetze gegen die Journalistin Rana Ayyub weiter. Die Kolumnistin der Washington-Post wird seit Jahren im Netz angegriffen und bedroht. Anfang November wurde ihre Telefonnummer auf der Plattform X verbreitet. Daraufhin erhielt Ayyub mehr als 200 Anrufe und Nachrichten mit oft obszönen Inhalten; in sozialen Netzwerken zirkulierte ein Deepfake-Pornovideo mit ihrem Bild. Der Angriff auf X geht vom Account @HphobiaWatch aus, der unter dem Pseudonym Hindutva Knight betrieben wird. Ein Faktencheck-Portal hat ermittelt, dass der Administrator des Accounts zuvor für die sozialen Netzwerke der regierenden Bharatiya Janata Party (BJP) tätig war. Hasskampagnen gegen Journalistinnen und Journalisten bis hin zu Mordaufrufen sind in Indien alltäglich und werden von Trollarmeen aus dem Umfeld der hindunationalistischen Regierung Modi befeuert.

In Israel hat die Netanjahu-Regierung am 24. November zwei Gesetzentwürfen zugestimmt, die es ihr erlauben soll, gegen Medienberichte vorzugehen, die sich kritisch zu Themen der nationalen Sicherheitslage äußert. Zudem stimmte das Kabinett einstimmig für einen Vorschlag von Kommunikationsminister Shlomo Karhi, der ein Hardliner von Netanjahus Likud-Partei ist. Demnach wird den Regierungsstellen jedweder Kontakt mit der Tageszeitung Haaretz untersagt, zudem darf keine staatliche Stelle künftig Anzeigen in der Zeitung platzieren, was eine ökonomische Diskriminierung darstellt. Die Berichterstattung der Haaretz gilt in Regierungskreisen als „Nestbeschmutzung“, weil die Zeitung – anders als die meisten israelischen Medien – die Kriegsführung des israelischen Militärs in Gaza und die von rechtsradikalen Ministern gesteuerte Besatzungspolitik im Westjordanland deutlich kritisiert.

In Deutschland klagen Medienschaffende über ein Klima der Angst und der Selbstzensur. Viele von ihnen geben gegenüber Reporter ohne Grenzen (RoG) an, dass sie in ihren Redaktionen die Pressefreiheit – speziell im Hinblick auf die Berichterstattung über den Gaza­krieg – gefährdet sehen. Es wird berichtet, dass Vorgesetzte immer wieder Vorschläge von kritischen Berichten über die israelische Kriegsführung ablehnen. Wenn es sachliche Recherchen bis zur Veröffentlichung schafften, werde ihnen häufig eine prominente Platzierung verweigert. Zudem kämen häufig Anweisungen, wonach konkrete Formulierungen zu verwenden oder zu vermeiden seien. Nach Recherchen von RoG haben die Reibungen zwischen Medienhäusern und ihren Mitarbeitenden im laufenden Jahr auffallend zugenommen, was vor allem auf Kontroversen rund um die Nahost-Berichterstattung zurückzuführen ist. Vor allem Jour­na­lis­t:in­nen mit Migra­tions­hintergrund beklagen, die fehlende Diversität in den Redaktionen habe zur Folge, dass eine ausgewogene Berichterstattung häufig nicht möglich sei. Einige Betroffene schildern, wie ihre Angst, als „antisemitisch“ abgestempelt zu werden, zu einer Verunsicherung bei der Themenwahl führe. Manche berichten, dass sie sich – aus Angst vor Jobverlust oder gesellschaftlicher Ächtung – selbst zensieren.

Le Monde diplomatique vom 12.12.2024