Gestern in LMd, heute in den Nachrichten
7/10 – ein Jahr danach
In LMd sind in den letzten 12 Monaten viele Hintergrundtexte zum aktuellen Nahostkrieg erschienen. Eine Auswahl: Eyal Weizmann erklärt in „Die Gaza-Falle“ (11/23) das System aus Militärbasen und Siedlungen rund um den Küstenstreifen; Gilbert Achcar schreibt über die Vertreibungsfantasien innerhalb „der israelischen Rechten und ihre Pläne für Gaza“ (12/23); Dahlia Scheindlin schildert, wie es der „israelischen Linken nach dem 7. Oktober“ (12/23) ergangen ist; Leila Seurat untersucht „Die inneren Widersprüche der Hamas“ (1/24); Charlotte Wiedemann erzählt in „Auf der Suche nach Palästina“ (6/24) von Zukunftsvisionen; und Ariane Bonzon beschreibt in „Die Angst ist immer da“ (9/24) die Lage der arabischen Israelis.
Wahlfarce in Tunis
Das Ergebnis der Präsidentschaftswahl in Tunesien vom 6. Oktober stand von vornherein fest. An einer zweiten Amtszeit für Kaïs Saïed zweifelte kaum jemand. Die Wahlbehörde hatte diesmal nur zwei Gegenkandidaten zugelassen – einer davon sitzt im Gefängnis. Die Opposition im Geburtsland des Arabischen Frühlings hat der autoritär regierende Präsident fast komplett ausgeschaltet; hunderte politische Gegner, Journalisten und unliebsame Kritiker wurden verhaftet. Dass Kaïs Saïed immer mehr in die Fußstapfen des einstigen Diktators Zine el-Abidine Ben Ali tritt, zeichnet sich bereits seit einiger Zeit ab. Im November 2022 berichtete Thierry Brésillon in dem LMd-Artikel „Wahlmüde in Tunis“ über die wachsenden Zweifel an der Demokratie. Damals hatte Saïed über eine neue Verfassung abstimmen lassen, die ihm mehr Macht bescheren sollte.
Bedingt entkolonialisiert
Die britische Regierung hat entschieden, die Chagos-Inseln im Indischen Ozean an Mauritius zurückzugeben. Um das Archipel militärisch zu nutzen, war es 1965 von der britischen Kolonie Mauritius abgetrennt worden. Jetzt erhalten die damals deportierten Chagossianer ein Recht auf Rückkehr, das jedoch explizit nicht für Diego Garcia gilt. Die Briten haben die größte Chagos-Insel bis 2035 an die USA verpachtet, die dort eine gigantische Militärbasis unterhalten. Die völkerrechtliche Kontroverse um die Inselgruppe schilderten Abdelwahab Biad und Elsa Edynak im Oktober 2018 in „Streit um Chagos“. Die Geschichte ihrer Kolonisierung ist das Thema von Laleh Khalili in „Erst Guano, dann Kopra, dann Kanonen“, erschienen in der LMd-Aprilausgabe 2023.