12.09.2024

Gestern in LMd, heute in den Nachrichten

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Gestern in LMd, heute in den Nachrichten

Abschieben nach Syrien?

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Seit dem tödlichen Attentat von Solingen überbieten sich deutsche Po­li­ti­ke­r:in­nen aller Couleur mit Forderungen, man solle möglichst schnell mit Abschiebungen nach Syrien beginnen. Innenministerin Nancy Faeser kündigte an, „sehr bald“ würden sogenannte Gefährder in das vom Bürgerkrieg zerrüttete Land abgeschoben. Weil große Teile Syriens vom diktatorischen Regime des Machthabers Baschar al-Assad kontrolliert werden, wird immer öfter die Ausweisung ins Gebiet der kurdisch dominierten Demokratischen Autonomen Verwaltung Nord- und Ostsyrien ins Spiel gebracht. Völlig vergessen wird dabei, dass die kurdische De-facto-Regierung im Nordosten selbst damit überfordert ist, die weiterhin aktiven IS-Zellen zu bekämpfen und ein Wiedererstarken der Terrororganisation zu verhindern. Im Nordosten Syriens sind zudem tausende ehemalige IS-Kämpfer in Lagern inhaftiert, darunter auch dutzende deutsche Staatsbürger, die Deutschland sich weigert zurückzunehmen. Îlham Ehmed, die Co-Vorsitzende des Außenministeriums der kurdischen Selbstverwaltung, warnte Anfang September eindringlich davor, IS-Gefährder nach Syrien abzuschieben. Bereits im August 2024 berichtete unsere Autorin Kristin Helberg in ihrem Text „Wie sicher ist Syrien?“ über den Kampf der kurdischen Selbstverwaltung gegen den IS und die schwierige Reintegration von Frauen ehemaliger IS-Kämpfer.

Wahlverlierer wird Premier

Nach wochenlangem Lavieren hat Präsident Macron mit Michael Barnier am 6. September Frankreichs Regierungsspitze ausgerechnet mit einem Politiker besetzt, dessen rechtskonservative Partei Les Républicains zu den Wahlverlierern der vorgezogenen Parlamentswahlen vom 7. Juli gehört. Dabei hätte es mit Lucie Castets, der parteilosen Kandidatin des Wahlgewinners Nouveau Front Populaire (NFP), eine Alternative gegeben, die der Präsident aber aus fadenscheinigen Gründen abgelehnt hat. So nimmt es kein Wunder, dass laut einer Umfrage des Forschungsinstituts Elabe 74 Prozent der Befragten der Meinung sind, Macron habe das Wahlergebnis missachtet, und die Menschen zu Hunderttausenden auf die Straße gehen und gegen Barniers Ernennung protestieren. Zumal diese nur mit Duldung des Rassemblement National (RN) möglich wurde. Wie nicht nur die Konservativen in Frankreich seit Jahrzehnten die Rechtsextremen in der Politik stärken, schildert der Artikel „Was hat den RN so stark gemacht?“ vom Juli 2024.

Le Monde diplomatique vom 12.09.2024