09.11.2023

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Bis Anfang November wurden in dem Krieg, der am 7. Oktober mit dem Hamas-Massaker im Süden Israels begonnen hat, 34 Medienschaffende getötet, davon mindestens 12 in Ausübung ihres Berufs: 10 in Gaza, je einer in Israel und im Libanon. Diese Todesziffer ist die höchste, die je in der Anfangsphase eines Krieges verzeichnet wurde. RSF nennt das militärische Geschehen seit dem 7. Oktober „eines der grausamsten Ereignisse“ in den Annalen des Journalismus.

Am 31. Oktober hat RSF beim Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag Anzeige wegen möglicher Kriegsverbrechen gegen Medienschaffende im Gazastreifen und in Israel erstattet. Dazu gehört der Fall des israelischen Fotografen Roee Idan, der am 7. Oktober beim Angriff der Hamas auf seinen Kibbuz ermordet wurde. Während es sich hier um vorsätzliche Tötung handelt, wurden palästinensische Journalisten im Gazastreifen durch „wahllose Angriffe“ der Israelis getötet, die nach dem Römischen Statut des IStGH ebenfalls Kriegsverbrechen sind. Zu den Opfern gehören der Fotojournalist Ruschdi Sarradsch, Mitbegründer der Presseagentur Ain Media und Mitarbeiter von Radio France, der Al-Schabab-Radioreporter Mohammed Ali sowie Mohammed Baluscha, Mitarbeiter des TV-Senders Palestine Today.

Nach Angaben des Palästinensischen Journalistenverbands haben die israelischen Angriffe die Büros von etwa 50 Medien ganz oder teilweise zerstört. Am 19. Oktober wurde auch ein provisorisches Nachrichtenzelt in Chan Yunis im Süden Gazas getroffen, das von Teams der BBC, von Reuters, al-Dschasira, AFP und lokalen Nachrichtenagenturen genutzt wurde. Verletzt wurde niemand.

Im Süden Libanons geriet am 13. Oktober eine Gruppe von Presseleuten so gezielt unter Beschuss, dass von einem geplanten Angriff auszugehen ist. Der libanesische Videofilmer Issam Abdallah, der für Reuters arbeitete, wurde durch eine Rakete getötet, die AFP-Korrespondentin Christina Assi schwer verletzt. Eine zweite Rakete traf ein Fahrzeug von al-Dschasira, dabei wurden zwei Crewmitglieder und ein AFP-Journalist verwundet. Nach RSF-Recherchen kamen die Geschosse aus Richtung der israelischen Grenze. Schon am 9. Oktober war ein Al-Dschasira-Reporter im Südlibanon von einem israelischen Hubschrauber angegriffen worden. In beiden Fällen waren die Helme und Schutzwesten der Beschossenen wie auch ihre Fahrzeuge mit „PRESS“ beschriftet. Die israelische Armee hat den Angriff vom 13. Oktober bedauert und eine Untersuchung zugesagt.

Der palästinensische Journalist Ahmet Alnaouq wurde von einem persönlichen Schicksalsschlag getroffen, der zugleich eine journalistische Tragödie ist. Alnaouq hatte 2019 zusammen mit seinem israelischen Kollegen Yuval Abraham die Facebookseite „Across the Wall“ gegründet, auf der Geschichten aus dem Alltagsleben in Gaza auf Hebräisch nachzulesen sind. Am 29. Oktober verlor der Journalist seine gesamte Familie. 23 Männer, Frauen und Kinder wurden durch israelische Bomben getötet. Yuval Abraham stellte die Nachricht auf die gemeinsame Website. Das Schicksal des Projekts „Across the Wall“ ist ungewiss.

Le Monde diplomatique vom 09.11.2023