Dürre Zeiten
Die globale Wasserkrise ist längst Realität
In Andalusien wurden im Mai 26 Personen wegen „Verbrechen gegen die natürlichen Ressourcen und die Umwelt“ und „Aneignung öffentlicher Gewässer“ festgenommen. Mit Hilfe von 250 illegal gebohrten Brunnen sollen sie 26 Millionen Kubikmeter Wasser gestohlen haben, um damit 240 Hektar besonders wasserintensive Avocado- und Mangopflanzungen zu bewässern.
Illegale Wasserentnahmen sind längst keine Einzelfälle mehr. Und sie sind Ausdruck einer sich zuspitzenden Situation, die nicht mehr nur die Iberische Halbinsel betrifft. Auch in Frankreich kam es während der schweren Dürre im Sommer 2022 zu etlichen Wasserdiebstählen aus kommunalen und privaten Reservoirs.
In vielen Weltregionen schwinden die Wasserressourcen in einem beunruhigenden Tempo. Laut dem im März 2023 veröffentlichten World Water Development Report der UN hat mehr als ein Viertel der Weltbevölkerung keinen sicheren Zugang zu Trinkwasser. Die zunehmende Häufigkeit extremer und langanhaltender Dürren belastet die Ökosysteme, mit verheerenden Folgen für Tier- und Pflanzenarten. Anders gesagt: Die globale Wasserkrise ist eine Realität unserer Gegenwart.
Während sich vor dem Hintergrund wachsender geopolitischer Spannungen Staaten um das Wasser grenzüberschreitender Flüsse streiten – so etwa am Nil, wo sich Ägypten seit Jahren gegen ein äthiopisches Dammbauprojekt zur Wehr setzt –, spitzen sich anderswo die Nutzungskonflikte zwischen unterschiedlichen gesellschaftlichen Akteuren zu (siehe die Beiträge und Infografiken auf Seite 12 und 13).
In Frankreich pumpen Landwirte große Mengen Grundwasser in riesige Rückhaltebecken, sogenannte Mega-bassins. Aber auch gegen diese Praxis wird immer heftiger protestiert. So demonstrierten am 25. März zehntausende Aktivist:innen im westfranzösischen Sainte-Soline gegen den Bau weiterer Becken. Polizeikräfte drängten sie teils äußerst brutal mit Gummigeschossen und Tränengasgranaten zurück.
Die Frage nach einer gerechten Aufteilung des kostbaren Nass stellt sich auch im Kontext der Bestrebungen westlicher Regierungen, Schlüsselindustrien wieder in der Heimat anzusiedeln. Denn das hat nicht selten einen erhöhten Wasserbedarf zur Folge. In der Nähe von Grenoble, das für seine exzellente Wasserqualität bekannt ist, will der Halbleiterproduzent STMicroelectronics seine Anlagen erweitern. Zur Reinigung der Leiterplatten wären erhebliche Mengen Wasser nötig (siehe den Artikel auf Seite 11).
Die Verteilungsfrage sollte dabei nicht einfach dem Markt überlassen werden. Denn der wird kaum dafür sorgen, dass die notwendigen Investitionen in die Wassergewinnung, die Aufbereitung und die Leitungssysteme getätigt werden. Entgegen der landläufigen Meinung ist Wasser nicht einfach nur ein „Gemeingut“. Die menschliche Beziehung zu dieser Ressource ist seit jeher gesellschaftlichen Aneignungsprozessen unterworfen. Und ohne eine staatliche Planung des Bedarfs und der notwendigen Infrastruktur bleibt die Forderung nach einem „Zugang für alle“ – insbesondere in Zeiten schwindender Vorräte – bloß heiße Luft.