Geschichte einer skandalösen Privatisierung
Seit der Gründung im Jahr 1922 haben die YPF mehrere Phasen erlebt, in denen das Unternehmen sich mal mehr, mal weniger dem privaten Kapital öffnete. Im Wesentlichen blieb sie jedoch stets unter staatlicher Kontrolle. Das galt zumindest, bevor Carlos Menem an die Macht gelangte. 1992 wurde das Unternehmen von der am stärksten neoliberal geprägten Regierung Lateinamerikas aufgeteilt, indem man Ressourcen wie Öl dem Bundesstaat entzog und in den Besitz der Provinzstaaten überführte. Was damals Néstor Kirchner – noch als Gouverneur der Provinz Santa Cruz – euphorisch begrüßte.
Gegen Ende von Menems Amtszeit, als Argentinien im Gefolge der Asienkrise (1997) und des Währungsverfalls in Brasilien (1999) selbst in die Krise geriet, wurden die YPF privatisiert, um die Staatsfinanzen zu sanieren. Menem verwarf die Möglichkeit, einzelne YPF-Anteile zu verkaufen, womit der Staat wenigstens noch die strategische Kontrolle über den Konzern behalten hätte. Um einen höheren Gewinn zu erzielen, wurde die Gesellschaft als Ganzes verkauft. Damit überließ der Staat freiwillig – und nicht etwa gezwungenermaßen infolge eines Krieges oder unter internationalem Druck – einem ausländischen Konzern seine wertvollsten strategischen Ressourcen. Ein weltweit fast einmaliger Vorgang.
Die spanische Repsol war damals noch eine mittelgroße Erdölgesellschaft, die über keine eigenen Rohstoffquellen oder Förderbetriebe verfügte. Sie bestand im Wesentlichen aus einer Raffinerie, die mit dem Erwerb der YPF ihr Volumen auf einen Schlag verdoppelte und in die Liga der weltgrößten Mineralölkonzerne aufstieg. Die neue Gesellschaft wurde in Repsol-YPF umbenannt, verlegte ihre Zentrale von Buenos Aires nach Madrid und expandierte auf dem internationalen Markt, in Länder wie Algerien oder Kasachstan.
Die Interessen einer nationalen Produktion – wie die Versorgung der Industrie und der Landwirtschaft mit billigem Schweröl – spielten in diesen Plänen überhaupt keine Rolle. Und niemand konnte die Repsol daran hindern, ihre in Argentinien erzielten Gewinnen aus dem Land abzuziehen und dazu zu nutzen, die beim Erwerb der YPF gemachten Schulden zu tilgen und so die Expansion zu finanzieren.
Während die staatliche Gesellschaft vor der Privatisierung noch 44 Prozent ihrer Gewinne als Dividende an die Aktionäre ausgeschüttet hatte, wuchs diese Prozentzahl seit der Übernahme durch Repsol auf das Doppelte. Entsprechend schrumpften die Mittel für Reinvestitionen, was langfristig zu einem Rückgang der Produktion führen musste. Nach den Daten des argentinischen Wirtschaftsministeriums ging die Erdölproduktion in den Jahren zwischen 1997 und 2012 um 54 Prozent zurück; die Erdgasproduktion um 97 Prozent. Von den 110 in den 1970er Jahren ausgebeuteten Ölquellen waren 2001 nur noch 30 übrig geblieben.