Meldungen des Monats
Die Protestwelle in Iran, die seit dem Einsturz eines Hochhauses in Abadan am 23. Mai unvermindert anhält, macht die Regierung so nervös, dass sie den Zugang zum Internet erschwert hat. Das Filtersystem wird von dem iranischen Serverdienst Abr Arvan betrieben, das seine Cloud-Funktion auch in Europa anbietet. Inzwischen sind rund 20 Millionen Nutzer:innen im Süden und Südwesten des Landes von iranischen und internationalen Nachrichtenseiten abgeschnitten, die angeblich „subversive konterrevolutionäre“ Inhalte und Anti-Regierungspropaganda transportieren.
Am 28. Juni wurde die Fotoreporterin Alia Nasreddin Award in Ägypten zu einer Gefängnisstrafe von 15 Jahren verurteilt. Ein Sondergericht in Kairo bezeichnete ihre professionelle Berichterstattung über eine Demonstration, die 2015 gegen al-Sisis Militärregime stattfand, als „terroristische“ Tätigkeit und Vandalismus. In dem Massenprozess waren insgesamt 215 Personen angeklagt, von denen zehn zum Tode verurteilt wurden. Das wichtigste Mittel zur Gleichschaltung der ägyptischen Medien ist die Denunziation von kritischen Stimmen durch TV-Sender wie Sada El-Balad, die von den Geheimdiensten kontrolliert werden. In populären Sendungen werden die wenigen unabhängigen Medienarbeiter:innen als „Feinde Ägyptens“ und “ausländische Agenten“ gebrandmarkt. Die fabrizierten Vorwürfe werden von Printmedien und anderen Fernsehsendern aufgegriffen. Über diese Schmutzkampagne der staatlich kontrollierten Medien hat RSF/ROG einen Bericht vorgelegt, der auf der Seite von Reporters without Borders abgerufen werden kann: „President Sisi’s Puppets“.
In Mexiko wurde am 29. Juni wieder ein Journalist ermordet. In Ciudad Victoria traf es den Reporter Antonio de la Cruz, der von einem Killer erschossen wurde. Damit ist die Zahl der journalistischen Mordopfer in Mexiko schon im ersten Halbjahr 2022 auf zwölf gestiegen, mindestens neun von ihnen wurden im direkten Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit getötet. De la Cruz hatte in der Zeitung Expreso seit 23 Jahren über lokale Skandale berichtet und in den sozialen Medien über Verbindungen zwischen Politik und kriminellen Banden recherchiert.
In Deutschland hat das Karlsruher Bundesverfassungsgericht am 17. Juni klargestellt, dass sich Journalist:innen nicht strafbar machen, wenn sie „geleakte“ Daten entgegennehmen. Die Feststellung bezieht sich auf den 2015 in Kraft getretenen Paragrafen 202d des Strafgesetzbuchs, der „Datenhehlerei“ mit einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren ahndet. Dieser Paragraf kann nach Ansicht der Zweiten Kammer des Zweiten Senats aber nicht auf journalistische Arbeit angewendet werden: „Mangels ersichtlicher Strafbarkeit besteht hier kein Risiko“. Die Klarstellung erfolgte im Rahmen einer Entscheidung, die eine Verfassungsbeschwerde gegen den „Datenhehlerei“-Paragrafen für unzulässig erklärte. Unklar bleibt damit allerdings, ob die Klarstellung auch für Zuarbeit und Quellen journalistischer Investigationen gilt.