09.12.2021

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In Polen ist der formelle Ausnahmezustand an der polnisch-belarussischen Grenze zwar Ende November ausgelaufen, aber der faktische Ausnahmezustand für die Pressefreiheit geht weiter. Am 29. November verabschiedete der Sejm ein Gesetz, das den Zugang zum Grenzgebiet für die Medien weiterhin einschränkt. Demnach benötigen Journalistinnen und Reporter eine spezielle Erlaubnis der polnischen Grenzschützer, um über die Lage der Flüchtlinge berichten zu können. Das „Ge­setz zum Schutz der Grenze“ trat am 2. Dezember in Kraft, nachdem der Sejm den Einspruch des Senats abgewiesen hatte, der die pressefeindliche Klausel streichen wollte. Die Medienarbeiter sind ohnehin verunsichert durch Übergriffe der Sicherheitskräfte, die Berichte über völkerrechtswidrige Pushback-Aktionen verhindern wollen. Zuletzt hatte das polnische Militär am 16. November die Fotojournalisten Martin Divišek, Maciek Nabrdalik und Maciej Moskwa, die für internationale Medien arbeiten, vorübergehend festgenommen, obwohl sie die drei Kilometer tiefe Sperrzone nicht einmal betreten hatten. Seit Beginn des Ausnahmezustands am 2. September haben die Sicherheitsorgane mindestens drei Journalistenteams schikaniert, in ihrer Arbeit behindert oder vor Gericht gebracht.

In Griechenland hat die Regierung Mitsotakis eine Änderung des Strafrechts durchgesetzt, die eine ernste Bedrohung für die Medienfreiheit darstellt. Am 11. November verabschiedete das Parlament mit den Stimmen der Regierungsfraktion eine Novellierung des Straf­ge­setz­ar­ti­kels 191, die Haftstrafen von sechs Monaten bis zu fünf Jahren für die Verbreitung von „Falschinformationen“ vorsieht. Dieser Begriff ist unendlich dehnbar gefasst. Er bezieht sich auf jegliche Information, „die Besorgnis oder Angst unter den Bürgern verursacht“ oder „das öffentliche Vertrauen in die nationale Wirtschaft, Verteidigung oder öffentliche Gesundheit beeinträchtigt“. Die Strafandrohung betrifft alle Medien (inklusive Onlinemedien), und zwar nicht nur einzelne Journalisten und ihre Informationsquellen, sondern auch Redakteurinnen, Herausgeber oder Eigentümer. Die Gesetzesänderung soll angeblich „Fake News“ über die Pandemie sank­tio­nie­ren, zielt aber vor allem auf kritische Berichte über die Pushback-Aktionen der griechischen Küstenwache in der Ägäis, die von der Regierung Mitsotakis trotz eindeutiger Beweise beharrlich geleugnet werden.

Das Parlament in Pakistan hat am 19. November ein Gesetz verabschiedet, das einem Instrument zur Medienrepression gleichkommt. Das „Gesetz zum Schutz von Journalisten und Medienschaffenden“ soll angeblich gegen terroristische Bedrohungen schützen. Aber die Regierung in Islamabad, die den Terror gegen Medienschaffende nie effektiv bekämpft hat, verlangt für diesen Schutz eine Gegenleistung. In Abschnitt 6 wird den „Beschützten“ untersagt, „falsche Informationen“ zu verbreiten und Material zu veröffentlichen, das „Hass unterstützt“ oder zu „Diskriminierung, Feindschaft oder Gewalt“ anstachelt. Journalisten und Journalistinnen, die den formulierten „Verpflichtungen“ nicht nachkommen, sollen strafrechtlich verfolgt werden.

Le Monde diplomatique vom 09.12.2021