09.09.2021

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In Afghanistan entsteht nach der Machtübernahme durch die Taliban eine Medienlandschaft ohne Journalistinnen. Die Versicherung der Taliban, man werde die Pressefreiheit respektieren und Journalistinnen weiterhin arbeiten lassen, wird von der Realität widerlegt. In der Hauptstadt Kabul ist die Zahl der Frauen bei den acht größten Medienunternehmen von 510 auf 76 gesunken, von denen 39 journalistisch arbeiten. Auch in den Provinzen Kabul, Herat und Balch, wo fast alle privaten Medien mit dem Vormarsch der Taliban schließen mussten, waren die meisten Journalistinnen gezwungen, ihre Arbeit einzustellen. In den Straßen von Kabul wurden Reporterinnen geschlagen oder behindert. Auch in den Studios sind Journalistinnen unerwünscht. Der Leitung eines privaten Radiosenders in der Provinz Ghasni wurde mitgeteilt: „Ihr könnt weitermachen, aber ohne Frauenstimmen und ohne Musik.“ Mehrere Manager und Chefredakteure privater Medien bestätigen, dass sie ihren angestellten Journalistinnen unter dem Druck der Taliban geraten haben, zu Hause zu bleiben. Auch beim staatlichen Sender Radio Television Afghanistan traut sich von den 140 Journalistinnen, die noch Anfang August beschäftigt waren, keine mehr in den Sender, nachdem zwei Nachrichtensprecherinnen der Zutritt zu dem Gebäude verboten wurde.

Aus dem jüngsten Länderbericht von RSF über Russland geht hervor, wie massiv die Staatsführung unter Präsident Putin die Presse- und Meinungsfreiheit im Vorfeld der Parlamentswahlen vom 19. September eingeschränkt hat. Mindestens fünf kremlkritische Nachrichtenseiten mussten ihre Arbeit einstellen; immer mehr Medien werden zu ausländischen Agenten erklärt, darunter der kremlkritische Sender Doschd, das Nachrichtenportal Meduza und mehrere Investigativseiten. Ermöglicht wird dies durch verschärfte Gesetze und Bestimmungen über „Verleumdung“ oder „Falschnachrichten“, wonach sämtliche Informationen, die der offiziellen Version aktueller Geschehnisse zuwiderlaufen, unterdrückt werden können. Das gilt auch für ausländische Medienplattformen, gegen die im ersten Halbjahr 2021 Geldstrafen in Millionenhöhe verhängt wurden, weil sie von der russischen Medienaufsicht verbotene Inhalte nicht blockiert haben.

In Kirgistan hat Präsident Sady Dschaparow ein Gesetz gegen „Online-Desinformation“ unterzeichnet. Damit kann die Regierung die Publikation von Informationen unterdrücken, sobald dies von einer Person gefordert wird, die sich in ihrer „Ehre, Würde oder Reputation“ angegriffen glaubt. Wenn eine beanstandete Onlinemeldung nicht binnen 24 Stunden gelöscht wird, kann sie – oder die ganze Website – von der Exekutive ohne richterliches Verfahren gelöscht werden. Die Verabschiedung des Gesetzes im kirgisischen Parlament erfolgte zudem auf illegale Weise. Laut Verfassung hätte es erst Ende des Jahres behandelt werden können, nachdem eine erste Fassung der Novelle im vergangenen Juni keine Mehrheit bekommen hatte. Dieser Vorgang zeigt, dass Präsident Dschaparow, der erst im Januar 2021 aufgrund seiner Opposition gegen das alte Regime gewählt worden war, zunehmend selbst autoritäre Züge entwickelt.

Le Monde diplomatique vom 09.09.2021