13.05.2021

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Schlechte Nachrichten

Am 9. April wurde in Griechenland der investigative Journalist Giorgos Karaivaz ermordet. Der Polizeireporter des Fernsehsenders Antenna 1 unterhielt auch die Website Bloko, auf der er von Morddrohungen gegen seine Person berichtet hatte. Karaivaz wurde am helllichten Tag vor seinem Haus in Athen mit 17 Schüssen geradezu hingerichtet. Die vermummten Täter entkamen auf einem Motorrad. Der Tathergang erscheint wie die Kopie zweier früherer Auftragsmorde. Auf dieselbe Weise waren im Oktober 2019 der Industrielle Dimitris Malamas und im Mai 2018 der pensionierte Polizeioffizier Spyros Papachristos umgebracht worden. Beide hatten als „Kassierer“ für eine weit verzweigte Organisation von Schutz­geld­erpressern fungiert, die illegale Bordelle und Spielhöllen kontrollierten. Genau in diesem Milieu der „griechischen Mafia“ hatte Karaivaz recherchiert und dabei Verbindungen zwischen organisiertem Verbrechen, der Polizei, Politikern und Unternehmern aufgedeckt.

Seit Anfang April kommen in Israel durch Zeugenaussagen im Prozess gegen Ministerpräsident Benjamin Netanjahu weitere Informationen über die Beziehungen zwischen Macht und Medien ans Licht. Das Gericht untersucht auch Versuche Netanjahus, die redaktionelle Linie einflussreicher Medien zu manipulieren. Besonders gravierend scheint der Fall der Nachrichtenwebsite Walla, deren Betreiber zugleich das Telekom-Unternehmen Bezeq besitzt. Ihm soll der Regierungschef als Gegenleistung für wohlwollende Walla-Berichte Vergünstigungen für Bezeq angeboten haben. Dem Herausgeber des Massenblatts ­Jediot Acharonot soll Netanjahu zugesagt haben, ein Gesetz einzubringen, das die Verbreitung konkurrierender Gratiszeitungen behindert. Netanjahu selbst bezeichnet den Prozess als „Hexenjagd“.

In Algerien hat ein Gericht am 29. April die Freilassung des Journalisten Rabah Karèche abgelehnt. Der Korrespondent der Zeitung Liberté, der aus der Provinz Tamanrasset im äußersten Süden des Landes berichtet, sitzt seit dem 19. April im Gefängnis. Der Grund ist seine Berichterstattung über die Proteste der lokalen Tuareg-Bevölkerung, die sich einer Verwaltungsreform widersetzt. Die Anklage wirft Karèche vor, „bewusst falsche Informationen zu verbreiten“ und damit die „öffentliche Ordnung zu gefährden“ sowie die „nationale Einheit zu untergraben“. Aufgrund dieser Anklage droht dem Journalisten nun eine Gefängnis­strafe von bis zu zehn Jahren.

In Myanmar sitzt der japanische Freelance-Journalist Yuki Kitazumi seit dem 18. April im berüchtigten Insein-Gefängnis in der Hauptstadt Yangon. Die Anschuldigung, Kitazum habe „Fehlinforma­tio­nen“ verbreitet, ist so unspezifisch, dass sie gegen alle – inländischen wie ausländischen – Medienschaffenden im Lande erhoben werden kann. Laut der Assistance Association For Political Prisoners (AAPP) von Myanmar wurden seit dem Militärputsch vom 1. Februar 84 Journalistinnen und Journalisten verhaftet, von denen Ende April immer noch 50 einsaßen.

Le Monde diplomatique vom 13.05.2021