07.01.2021

ROG-Jahresbilanz 2020

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ROG-Jahresbilanz 2020

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Im vergangenen Jahr wurden weltweit mindestens 50 Journalistinnen, Journalisten und andere Medienschaffende getötet; 2019 waren es 53. Insgesamt wurden in den vergangenen zehn Jahren mindestens 937 Menschen wegen oder bei der Ausübung ihrer journalistischen Arbeit getötet.

Dabei hat sich 2020 ein bemerkenswerter Trend fortgesetzt: Seit einigen Jahren sinkt der Anteil der Todesopfer in Kriegs- und Krisenregionen. Der lag 2016 noch bei 60 Prozent, vier Jahre später hat er sich halbiert. Damit kamen deutlich mehr Medienschaffende in „friedlichen Re­gio­nen“ ums Leben. Die weitaus meisten von ihnen wurden gezielt umgebracht. Mit 84 Prozent der Mordopfer waren es 2020 erheblich mehr als im Vorjahr (63 Prozent). Die meisten von ihnen hatten investigativ an brisanten Themen wie organisierter Kriminalität oder lokaler Korruption gearbeitet.

In Mexiko oder Indien wüteten besonders grausame Täter, die ihre Opfer enthauptet, zerstückelt oder mit Macheten getötet haben. Erstmals seit 30 Jahren wurde in Iran mit der Hinrichtung von Ruhollah Sam am 12. Dezember die Todesstrafe an einem Journalisten vollstreckt.

Das gefährlichste Land war auch 2020 Mexiko mit acht Ermordeten; die meisten von ihnen hatten über die Zusammenarbeit von Drogenkartellen und Politikern recherchiert und geschrieben. Sechs Mordfälle gab es im Irak, fünf in Afghanistan, vier in Indien und je drei auf den Philippinen und in Honduras. In den meisten dieser Fälle wurden die Täter nicht gefasst.

Wie jedes Jahr wurden Medienarbeiter auch getötet, während sie über Demonstrationen berichteten. 2020 kam eine weitere Todesursache hinzu: Hunderte Journalistinnen und Journalisten sind an oder mit Covid-19 gestorben. Wie viele von ihnen sich aufgrund ihrer Arbeit infiziert haben, ist nicht festzustellen. Jedoch erlagen drei Journalisten (in Ägypten, Russland und Saudi-Arabien) dem Coronavirus mangels ärztlicher Versorgung, nachdem sie sich mutmaßlich im Gefängnis infiziert hatten.

Im Lauf des Jahres 2020 wurden 58 Medienschaffende entführt oder sind spurlos verschwunden. In Syrien, Irak und Jemen sind die Opfer noch immer in den Händen ihrer Entführer. Zu ihnen zählen vier Journalisten, die im April von der Administration der jemenitischen Huthis zum Tode verurteilt wurden.

Anfang Dezember 2020 saßen weltweit mindestens 387 Medienschaffende wegen ihrer Arbeit im Gefängnis – mehr als die Hälfte von ihnen in nur fünf Ländern: China, Saudi-Arabien, Ägypten, Vietnam und Syrien. Das sind etwa genauso viele wie im Jahr 2019. Allerdings ist die Zahl der verhafteten Journalistinnen um ein Drittel von 31 auf 42 angestiegen. Vier von ihnen wurden in Belarus im Gefolge der Demonstrationen gegen die umstrittenen Präsidentschaftswahlen festgenommen, vier in Iran und zwei in China.

Die Verhaftung kritischer Medienschaffender ging 2020 auch häufig auf das Konto von Regimen, die eine unabhängige Berichterstattung über die Coronakrise und ihre Folgen unterdrücken wollen. (Stand 15. Dezember 2020)

Le Monde diplomatique vom 07.01.2021