10.12.2020

Meldungen des Monats

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In Äthiopien wurden seit Beginn die Militäraktionen in der Provinz Tigray am 2. November mehrere Medienschaffende festgenommen. Drei Mitarbeiter der Nachrichtenagentur EPA sitzen seit dem 10. November in U-Haft. Dasselbe gilt für den Nachrichtenchef des englischsprachigen Monatsmagazins Addis Standard, Medihane Ekubamichael, der beschuldigt wird, „die verfassungsmäßige Ordnung mit Gewaltmitteln und durch Aufhetzung zu zerstören“. Zwar hat ein Gericht in Addis Abeba am 1. Dezember die Freilassung von Ekubamichael und den EPA-Journalisten gegen Kaution angeordnet, doch nach Einspruch der Polizeibehörden verlängerte ein höheres Gericht am 5. Dezember die Haft der vier Journalisten, die alle aus der Provinz Tigray stammen, um weitere zwei Wochen. Besonders fatal ist diese Entscheidung für Ekubamichael, der im Gefängnis positiv auf Covid-19 getestet wurde.

Seit Beginn der Kämpfe in Tigray ist eine Berichterstattung über den Militäreinsatz praktisch unmöglich. Das Gebiet ist hermetisch abgeriegelt, also für unabhängige Beobachter unzugänglich. Die Regierung in Addis Abeba hat die äthio­pischen Medien aufgefordert, Berichte über die unrechtmäßig von den Separa­tisten angesetzten Regionalwahlen in Tigray zu unterlassen. Damit sind wichtige demokratischen Errungenschaften, für die Ministerpräsident Abiy Ahmed den Friedensnobelpreis 2019 erhalten hat, ernsthaft bedroht oder bereits abgeschafft.

In Algerien wurden am 3. Dezember weitere drei Webseiten blockiert. Der Bann der Regierung traf dieses Mal die Casbah Tribune, deren Herausgeber Khaled Drareni seit März 2020 im Gefängnis sitzt, sowie Tariq News und Twala.info. Seit Juni 2019 wurden in Algerien insgesamt zehn Nachrichtenwebseiten gesperrt. Die Informationen, die diese unabhängigen Medien bieten, sind nur noch über ein Virtual Private Network (VPN) zugänglich.

Am 2. Dezember wurde in Hongkong der Medienunternehmer Jimmy Lai verhaftet, der mit der Tageszeitung Apple Daily eine der wenigen Presseorgane herausgibt, die noch offen die Regierung in Peking kritisieren. Apple Daily hat von Beginn an die Demonstrationen der demokratischen Kräfte in Hongkong unterstützt. Nun wird Lai von der Justiz „kriminelle Einschüchterung von Journalisten“ vorgeworfen, garniert mit dem Vorwurf der „geheimen Zusammen­arbeit mit ausländischen Kräften“. Dem Verleger droht nach dem „Gesetz zur nationalen Sicherheit“ eine lebenslange Gefängnisstrafe.

In der Region Chabarowsk im Osten Russlands läuft eine Welle der Repression gegen die regionalen Medien. Um die Proteste der Bevölkerung zu ersticken, die seit August gegen die Absetzung des Gouverneurs Sergei Furgal durch die Regierung in Moskau demonstriert, werden Journalisten und Journalistinnen bedroht und drangsaliert. Tatjana Chlystunowa, die für die Regionalzeitung Prosto Gazeta arbeitet, wurde Mitte November verhaftet, dann wieder freigelassen, aber am 1. Dezember erneut verhaftet und zu einer zehntägigen Gefängnisstrafe verurteilt. Gegen zwei weitere Reporter und zwei Journalistinnen, die über die Proteste berichtet haben, wird dieselbe Zermürbungstaktik eingesetzt.

Le Monde diplomatique vom 10.12.2020