12.11.2020

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Schlechte Nachrichten

Die Unterdrückung der Pressefreiheit in der Türkei geht unvermindert weiter. Am 20. Oktober hat ein Istanbuler Berufungsgericht den Freispruch von zwei Journalisten und einer Menschenrechtsanwältin aufgehoben und die Wiederaufnahme ihres Strafverfahrens angeordnet. Im Juli 2019 waren die Anwältin Şebnem Korur Fincancı, der Journalist Erol Önderoğlu, der auch Türkeiberichterstatter von RoG ist, und der Journalist und Autor Ahmet Nesin vom Vorwurf der „Terrorpropaganda“ und der „Anstiftung zu Verbrechen“ freigesprochen worden. Die Anklage bezog sich auf die Teilnahme an einer Solidaritätsaktion für die prokurdische Zeitung Özgür Gündem im Sommer 2016. Nach der Aufhebung des Freispruchs drohen den Angeklagten nun jeweils Gefängnisstrafen von bis zu vierzehneinhalb Jahren.

Schon vor den Parlamentswahlen vom 8. November in Myanmar war die Pressefreiheit der große Verlierer. Die Wahlkommission verfügte für die staatlichen Medien eine regelrechte Vorzensur. Den Kandidaten wurde mitgeteilt, dass Reden nicht zitiert oder übertragen würden, wenn sie „das Ansehen der Nation beschmutzen“ oder das Militär „diffamieren“. Damit waren die meisten Vertreter der Opposition automatisch aus den staatlichen Medien verbannt. Der Eingriff war umso gravierender, als viele private Medien und Websites faktisch geschlossen wurden. Im Rahmen des coronabedingten Lockdowns wurde der Mediensektor als „non essential business“ eingestuft, sodass Journalisten ihrer Arbeit nicht nachgehen konnten.

Die repressive Medienpolitik in Tansania hat lebensgefährliche Konsequenzen. Die Regierung des autoritären Präsidenten John Magufuli gibt der Bevölkerung keinerlei Auskunft über die aktuelle Ausbreitung der Pandemie und versucht auch entsprechende Informationen aus dem Ausland zu unterbinden. Seit dem 29. April wurden in Tansania keinerlei Zahlen über Covid-19-Erkrankungen und -Todesfälle mehr veröffentlicht. Im August erließ die staatliche Communications Regulation Authority (TCRA) neue Bestimmungen, wonach Informationen „hinsichtlich des Ausbruchs einer tödlichen oder ansteckenden Krankheit im Lande oder anderswo ohne Erlaubnis der zuständigen Behörden“ nicht publiziert werden dürfen. Dieses Verbot gilt explizit auch für die Wiedergabe von Inhalten aus ausländischen Medien.

In Italien wurden am Rande der Proteste gegen den Covid-19-Lockdown mehrere Medienschaffende verletzt oder bedroht. Am 30. Oktober wurde Valerio Lo Muzio, Videoreporter für die Zeitung La Repubblica, in Bologna von rechtsradikalen Demonstranten unter Rufen wie „Journalisten – Terroristen!“ abgedrängt. In Palermo wurden die Reporterin Raffaella Cosentino von Rai Sicilia TV und ihr Kameramann ebenfalls als Terroristen beschimpft und von drei Männern der rechtsextremen Partei Furza Nuova bedroht. Am Rande einer Protestkundgebung in Neapel wurden der Reporter Paolo Fratter von Sky TG24 und zwei Kameraleute von Demonstranten attackiert und durch Steinwürfe verletzt.

Le Monde diplomatique vom 12.11.2020