10.09.2020

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Schlechte Nachrichten

Am 3. September wurde in der Slowakei der mutmaßliche Anstifter des Mordes an dem Journalisten Ján Kuciak und dessen Partnerin Martina Kušnírová freigesprochen. Ein Sonderstrafgericht in Pezinok befand, dass gegen den Geschäftsmann Marian Kočner nicht genügende Beweise vorliegen, um ihn als Auftraggeber des geständigen Mörders zu überführen. Gegen den Unternehmer wurde lediglich eine Geldstrafe wegen unerlaubten Waffenbesitzes verhängt. Kočner hatte Kuciak bereits 2017 bedroht, nachdem dieser über Verbindungen des Geschäftsmanns zur Mafia recherchiert hatte. Wie sich bei dem Prozess herausstellte, hatte Kočner auch noch andere Journalistinnen und Journalisten ausforschen und überwachen lassen. Die Ermittlungen ergaben auch Hinweise auf weitere Verbrechen, in die mutmaßlich Persönlichkeiten aus Politik, Justiz und Polizei in Kočners Umfeld verstrickt waren.

In Belarus versucht das Lukaschenka-Regime die Berichterstattung über die massenhaften Demonstrationen für Neuwahlen mit allen Mitteln zu behindern. Am 27. August wurden im Zentrum von Minsk fast 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einheimischer und ausländischer Medien festgenommen, die über eine Kundgebung berichten wollten. Die meisten wurden nach einigen Stunden freigelassen, nachdem man ihnen ihr Material abgenommen hatte. Am Vorabend einer weiteren Demonstration vom 30. August entzog die Regierung 19 ausländischen Journalisten die Ak­kre­di­tie­rung, darunter den Korrespondenten von AFP, Reuters, BBC und ARD. Auf den Streik von etwa 300 Angestellten des staatlichen TV- und Radiosenders BTRC am 17. August reagierte die Regierung in Minsk mit einem Hilferuf an Moskau. Um den Ausfall von IT-Technikern, Redakteurinnen und Kameraleuten zu kompensieren, entsandte der Staatssender Russian TV Streikbrecher nach Minsk, mit deren Hilfe der Sendebetrieb weiterlaufen konnte. Für die Hilfe der “russischen Spezialisten“ hat sich Lukaschenka am 21. August offiziell bedankt.

Am 27. August entschied ein Bundesberufungsgericht in den USA, dass gegen Medienschaffende, die über De­mons­tra­tio­nen berichten, Zwangsmaßnahmen verhängt werden dürfen. Damit setzte das Gericht eine einstweilige Verfügung außer Kraft, die im Bundesstaat Oregon erlassen worden war. Sie sollte Journalistinnen und Journalisten schützen, die über die Demonstrationen von Portland berichten. Demnach war es den Sicherheitskräften der Bundesbehörden nicht gestattet, Medienleute zum Verlassen von Orten zu zwingen, nachdem eine Versammlung für aufgelöst erklärt wurde. Zudem durfte die Polizei gegen Journalistinnen und Journalisten nur dann Gewalt anwenden, wenn hinreichender Verdacht auf eine Straftat bestand. Nach dem neuen Urteil können Medienleute, sobald eine Versammlung aufgelöst wird, von der Polizei genauso behandelt werden wie Demonstrierende. Das Bundesgericht bestätigte damit die Sichtweise des US-Justizministeriums, das das Urteil als „wichtigen Schritt“ würdigte: Damit könnten die Sicherheitsorgane des Bundes ihren Pflichten ohne „unvertretbare“ Beschränkungen nachkommen.

Le Monde diplomatique vom 10.09.2020