09.04.2020

Gestern in LMd, heute in den Nachrichten

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Gestern in LMd, heute in den Nachrichten

Gegen Venezuela

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Am 26. März setzte die US-Justiz wegen „Drogenhandels“ ein Kopfgeld von 15 Millionen Dollar auf Venezuelas Staatschef Maduro aus. Am 2. April erklärte Präsident Trump vor der Presse, die Zahl der US-Kriegsschiffe und Überwachungsflugzeuge in der Region werde verdoppelt, weil die Kartelle die Corona-Pandemie ausnutzen würden, um noch mehr Drogen in die USA zu schmuggeln. Allerdings ist der weitaus größte Drogenproduzent nicht Venezuela, sondern Kolumbien, das die USA seit Jahrzehnten mit Militär- und Finanzhilfen ausstatten. Man darf vermuten, dass hinter dieser neuesten Aktion Trumps „Sonderbeauftragter für die Wiederherstellung der Demokratie in Venezuela“ steckt. Wie Eric Alterman im März 2019 in LMd berichtete („Die Karriere des Elliott Abrams“), half Trumps neuer Mann fürs Grobe schon unter Ronald Reagan, Stellvertreterkriege in Mittelamerika anzuzetteln. Trumps Versuche, mit Hilfe regionaler Verbündeter einen Regimewechsel in Caracas durchzusetzen, scheiterten bislang, wie Alexander Main im Juli 2019 in LMd beobachtete: „Trumps Taskforce gegen Maduro“.

Polen: Wahlen trotz Corona

Die Regierung Morawiecki will die für den 10. Mai angesetzte Wahl des Staatspräsidenten unbedingt durchziehen. Während Staatspräsident Andrzej Duda, der sich um eine zweite Amtszeit bewirbt, durchs Land reiste und viele Hände schüttelte, hatten die Kandidaten der Opposition auf Anraten der Virologen ihren Wahlkampf längst eingestellt. Angesichts der steigenden Corona-Kurve hat Kaczyński jetzt taktisch umgesteuert. Er will auf die Schnelle die in Polen noch völlig unerprobte Briefwahl einführen, was die kommunalen Behörden für nicht machbar halten. Als auch der Chef der polnischen Post technische Bedenken äußerte, wurde er prompt gefeuert. Warum Dudas Wiederwahl für dessen Mentor Kaczyński so wichtig ist, erklärte Michał Sutowski im November 2019 in LMd: In seinem Artikel „Stadt, Land, PiS“ analysierte er die Parlamentswahlen vom Oktober 2019. Damals konnte die PiS im Unterhaus des Parlaments (Sejm) zwar die absolute Mehrheit erringen, aber ein Veto des Präsidenten könnte diese Mehrheit bei wichtigen Gesetzesvorhaben blockieren. Der Sieg eines Oppositionskandidaten wäre womöglich „ein erster Schritt, um die PiS von der Macht zu verdrängen“. Eine Verschiebung der Wahl würde Dudas Chancen auch deshalb verringern, weil eine Zuspitzung der Coronakrise die Schwächen des polnischen Gesundheitssystems gnadenlos offenlegen wird.

Le Monde diplomatique vom 09.04.2020