07.05.2020

Gestern in LMd, heute in den Nachrichten

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Gestern in LMd, heute in den Nachrichten

Machtkampf in Brasilien

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Am 24. April trat Brasiliens Justizminister Sérgio Moro zurück. Wenige Tage später, am 2. Mai, sagte er im Ermittlungsverfahren wegen Amtsmissbrauchs gegen Präsident Bolsonaro aus. Damit wird der Weg frei für ein Amtsenthebungsverfahren gegen den bei Konservativen unbeliebten Rechtsaußen. Gerüchten zufolge hegt Moro selbst Ambitionen auf das Präsidentenamt. Bekannt wurde der konservative Jurist als Bundesrichter, der die umfassenden Korruptionsnetze der größten Unternehmen des Landes und der politischen Elite aufdeckte. Unsere Autorin Anne Vigna berichtete im September 2017 in LMd unter dem Titel „Gut geschmiert ist viel gewonnen“ über den Prozess gegen den Odebrecht-Konzern. Richter Moro war es auch, der Ex-Präsident Lula da Silva mit einem sehr umstrittenen Urteil wegen Korruption ins Gefängnis brachte. Dass dabei die politische Agenda der Rechten eine zentrale Rolle spielte, legte Laurent Delcourt in seinem Artikel „Hexenjagd in Brasilien“ vom Mai 2016 in LMd dar.

Corona in Russland

Allein am ersten Mai-Wochenende wurden in Russland mehr als 10 000 Neuinfizierte mit Sars-CoV-2 gezählt, darunter auch der neue Ministerpräsident Michail Mischustin. Gleichzeitig häufen sich die Hilferufe von Ärztinnen, Sanitätern und Pflegerinnen. Es fehlt an Schutzkleidung und Tests, wodurch die Krankenhäuser zu Hauptansteckungsherden des hochinfektiösen Coronavirus geworden sind. Zwei Faktoren machen Russland besonders anfällig: Das marode Gesundheitssystem und die ohnehin niedrige Lebenserwartung insbesondere von Männern (durchschnittliches Alter 67,08 Jahre in 2017). In „Sonderfall Russland“ beschrieb Philippe Descamps im Juni 2011 den demografischen und gesundheitspolitischen Niedergang seit den 1990er Jahren.

Luis Sepúlveda (1949–2020)

Als junger Mann gehörte er zu Salvador Allendes Leibgarde. Nach Pinochets Putsch lebte der Schriftsteller, Journalist und Umweltaktivist seit Mitte der 1970er Jahre im Exil, zuletzt in der nordspanischen Hafenstadt Gijón. Am 16. April ist Luis Sepúlveda in Oviedo an Covid-19 gestorben. In LMd erschien unter anderem im Juni 2001 seine Abrechnung mit der Post-Pinochet-Ära: „Die infame Geschichte der Infamie“ und im August 2004 seine wunderbare Erzählung über Butch Cassidy in Patagonien: „Der Uruguay ist ein fließender Himmel“.

Le Monde diplomatique vom 07.05.2020