07.05.2020

Meldungen des Monats

zurück

Meldungen des Monats

Audio: Artikel vorlesen lassen

Rangliste der Pressefreiheit

Am 21. April veröffentlichte Reporter ohne Grenzen (ROG) die internationale Rang­liste der Pressefreiheit 2020. Die Rangliste bildet die Situation für Journalistinnen und Journalisten in 180 Staaten ab. Sie basiert auf der Zahl der Übergriffe, Gewalttaten und Haftstrafen gegen Medienschaffende im Kalenderjahr 2019 und auf einem Fragebogen zu verschie­denen Aspekten der journalistischen Arbeit.

Der weltweite Überblick zeigt, dass sich die Lage der Pressefreiheit vor allem in Asien verschlechtert, in den übrigen Weltregionen dagegen leicht und in Afrika deutlich verbessert hat. In Afrika haben insbesondere Sudan (+16), Äthio­­pien (+11) und Gambia (+5) ihr Ranking verbessert, was vor allem dem Sturz diktatorischer Regime zu verdanken ist.

Den größten Sprung aller Länder machte Malaysia (+22), wo der Regierungswechsel eine Lockerung der Restriktionen brachte. Extrem verschlechtert hat sich die Lage in Haiti (–21) und Benin (‒17), wo Zensurmaßnahmen und Repressalien deutlich zunahmen.

An der Spitze der Rangliste belegt Norwegen zum vierten Mal in Folge Platz 1, gefolgt von Finnland, Dänemark und Schweden. Ganz unten drängen sich wie seit Jahren die Diktaturen, die keinerlei unabhängige Berichterstattung zulassen: Nordkorea (180), Turkmenistan (179) und Eritrea (178).

Nur knapp davor steht China (177), was stark zum Abwärtstrend in Asien beiträgt. Hier sitzen mehr als hundert Journalistinnen und Blogger im Gefängnis, die meisten von ihnen gehören der uigurischen Minderheit an. Auch das Regime in Singapur (158) übt eine fast vollständige Nachrichtenkontrolle aus.

In den beiden Amerikas hat sich die Situation vor allem in Lateinamerika verschlechtert. In Brasilien (107) hetzt Präsident Bolsonara systematisch gegen kritische Medien und erzeugt ein Klima des Hasses und Misstrauens. In Bolivien (114), Ecuador (98), Argenti­nien (84) und Chile (51) häuften sich die gewaltsamen Übergriffe auf Journalistinnen und Journalisten am Rande der Protestbewegungen.

In Europa hat sich die Lage vor allem in Ungarn (89) und Polen (62) verschlechtert. In Ungarn kontrolliert die Regierung den Großteil der Nachrichtenmedien und marginalisiert unabhängige Stimmen. In Polen werden regierungskritische Medien durch Werbeboykotte, Verleumdungsklagen und strafrechtliche Ermittlungen drangsaliert. Die niedrigste Platzierung aller EU-Länder hat Bulgarien (111), wo unabhängige Medien eingeschüchtert und mit Schmutzkampagnen überzogen werden.

Die Krisenregion der Pressefreiheit ist nach wie vor der Nahe Osten. In Syrien (174) duldet das Assad-Regime weder unabhängige Medien noch die geringste Kritik. In Ägypten (166) kontrolliert die Regierung die Medien fast komplett; einige werden sogar vom Geheimdienst betrieben; die Onlinemedien werden straff zensiert. Im Irak (162) sind seit der Protestwelle im Herbst 2019 die Mitarbeiter kritischer Medien quasi vogelfrei; viele wurden bedroht, von Milizen entführt oder ermordet. Allein in diesen drei Ländern sitzen insgesamt 92 Medienschaffende im Gefängnis.

Le Monde diplomatique vom 07.05.2020