13.12.2018

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Journalisten im Visier

der organisierten Kriminalität

Journalisten leben gefährlich, wenn sie über das organisierte Verbrechen recherchieren. Diese Bedrohungslage hat RoG in einem globalen Report untersucht. Seit Anfang 2017 wurden mehr als 30 Medienschaffende von Verbrechersyndikaten getötet. Bei mindestens fünf weiteren Mordversuchen kamen die Täter oder Auftraggeber aus dem kriminellen Milieu. Weltweit sind Drohungen und tätliche Übergriffe an der Tagesordnung.

In Lateinamerika sind Journalisten besonders gefährdet, wenn sie sich mit Drogenkartellen anlegen: 2018 wurden in Brasilien, Kolumbien und Mexiko zehn Medienarbeiter deswegen getötet. Über Verbindungen zwischen Drogenbaronen und staatlichen Amtsträgern zu recherchieren kommt in diesen Ländern quasi einem Todesurteil gleich.

Im August 2017 wurde der Journalist Cándido Ríos Vázquez, der dem lokalen Drogenschmuggel nachging, in der mexikanischen Stadt Hueyapan vor einem Supermarkt erschossen. Im März 2018 wurden die ecuadorianischen Journalisten Javier Ortega und Paul Rivas sowie ihr Fahrer während Recherchen nahe der kolumbianischen Grenze entführt und ermordet. Die Täter gehören zur Gruppe Frente Oliver Sinisterra, die seit ihrer Abspaltung von der Farc verstärkt im Drogenhandel tätig ist.

In Lateinamerika, Afrika und Asien sind kriminelle Organisationen in die illegale Ausbeutung natürlicher Ressourcen wie Mineralien, Holz, Erdöl und Sand verwickelt. Im indischen Bundesstaat Madhya Pradesh wurde im März 2018 der Journalist Sandeep Sharma von einem Muldenkipper überfahren. Er hatte über die Sand-Mafia und deren Verbindungen zum lokalen Polizeichef recherchiert.

In Italien organisierte das Innenministerium im Jahr 2017 Polizeischutz für 196 Journalisten, die zum Thema Mafia arbeiten. Aber die italienische Mafia schlägt längst nicht mehr nur in Italien zurück. In Malta wurde im Oktober 2017 die Investigativjournalistin Daphne Caruana Galizia durch eine Autobombe getötet. Sie hatte Nachforschungen zu Finanzgeschäften der Camorra und der ’Ndrangheta auf Malta angestellt. Und im Februar 2018 wurde der slowakische Journalist Ján Kuciak zusammen mit seiner Verlobten ermordet. In Kooperation mit dem Organized Crime and Corruption Reporting Project (OCCRP) hatte er zur Rolle der ’Ndrangheta in der Slowakei recherchiert.

In manchen Ländern berichten die Medien aus Angst nicht mehr über das organisierte Verbrechen. In Japan herrscht bei diesem Thema eine umfassende Selbstzensur. So konnte die Journalistin Makiko Segawa ihre Recherchen zur Rolle des organisierten Verbrechens bei den Aufräumarbeiten am havarierten Atomkraftwerk in Fukushima in keinem der führenden Medien veröffentlichen.

In Ländern wie Mexiko wollen die Behörden Journalisten nicht ausreichenden Schutz gewähren. Viele gehen deshalb ins Exil, um sich und ihre Familien zu schützen. Die Zeitung Norte de Ciudad Juárez wurde nach dem Mord an der Reporterin Miroslava Breach von ihrem Verleger Oscar Arturo Cantú Murguía eingestellt.

Le Monde diplomatique vom 13.12.2018