Rangliste der Pressefreiheit
Zum Tag der Pressefreiheit am 3. Mai veröffentlicht Reporter ohne Grenzen (ROG) alljährlich eine Rangliste, die 180 Staaten unter die Lupe nimmt. Die Rangfolge basiert auf einem Fragebogen zu diversen Aspekten unabhängiger journalistischer Arbeit und auf den von ROG ermittelten Daten über Behinderungen, Anwendung von Gewalt und Haftstrafen im zurückliegenden Kalenderjahr.
Im Jahr 2017 hat sich die Lage der Pressefreiheit in keiner Weltregion so stark verschlechtert wie in Europa. Auch demokratisch gewählte Staats- und Regierungschefs behandeln kritische Medien unverhohlen als Feinde, zum Beispiel in Ungarn und Polen.
Vier der fünf Länder, die in der neuen Rangliste am stärksten abgerutscht sind, liegen in Europa: die EU-Mitglieder Malta, Tschechien und die Slowakei sowie Serbien. In diesen Ländern sind Spitzenpolitiker durch verbale Anfeindungen, Beschimpfungen und juristische Schritte gegen Medienarbeiterinnen und Medienarbeiter aufgefallen. Zudem sind die Freiräume für eine kritische Berichterstattung häufig durch die Besitzverhältnisse der Medien eingeschränkt.
Den größten Absturz in der Rangliste 2018 verzeichnet Malta (um 18 Plätze auf Rang 65). Der Mord an der Investigativjournalistin Daphne Caruana Galizia im Oktober 2017 machte sichtbar, wie eng das Geflecht von Politik, Justiz und Wirtschaft ist und unter welch immensem Druck Journalistinnen auch infolge weitreichender Verleumdungsgesetze arbeiten. Lange bevor in der Slowakei (minus 10 auf Rang 27) im Februar 2018 der Reporter Ján Kuciak ermordet wurde, haben Politiker kritische Journalisten wiederholt eingeschüchtert oder verklagt. Viele Medien sind in der Hand lokaler Oligarchen. Auch in Tschechien (minus 11, jetzt Rang 34) wird ein Großteil der Medien von Oligarchen mit verzweigten Geschäftsinteressen kontrolliert. Einer von ihnen ist Ministerpräsident Andrej Babiš, dem die beiden wichtigsten Zeitungen des Landes gehören. In Serbien (minus 10, Rang 76) benutzt Präsident Aleksandar Vučić regierungsnahe Medien, um kritische Journalisten einzuschüchtern und als Verräter oder Spione zu diffamieren.
Medienfeindliche Hetze als staatliches Programm ist also nicht mehr auf repressive Regime wie in der Türkei oder in Ägypten beschränkt. Es handelt sich um einen beunruhigenden globalen Trend, der sich auch darin ausdrückt, dass die Lage in 42 Prozent der bewerteten Länder 2017 schlechter war als im Jahr zuvor.
Am deutlichsten hat sich die Pressefreiheit in Gambia verbessert: Der westafrikanische Staat kletterte um 21 Plätze auf Rang 122. Seit Anfang 2017 der Diktator Yahya Jammeh abtrat, erleben die Medien einen rasanten Aufschwung: Private Rundfunksender wurden gegründet, und in den Printmedien hat man keine Angst mehr vor der Ausübung politischer Kritik.
Ganz unten auf der Rangliste der Pressefreiheit stehen Diktaturen, die keine unabhängige Medienberichterstattung zulassen: Nordkorea (180), Eritrea (179) und Turkmenistan (178). Nicht weit davor liegen Syrien (177), China (176), Vietnam (175) und Sudan (174).