11.05.2017

Rangliste zur Pressefreiheit

zurück

Rangliste zur Pressefreiheit

Audio: Artikel vorlesen lassen

Ende April hat RoG seine alljährliche Rangliste der Pressefreiheit veröffentlicht. Sie zeigt, dass sich die Situation während des vergangenen Jahres in knapp zwei Dritteln der 180 untersuchten und bewerteten Länder verschlechtert hat.

Das liegt nicht nur an der Repressionswelle in Krisenländern wie der Türkei und an den tödlichen Gefahren, denen Medienarbeiter in Kriegsregionen wie Syrien, Libyen oder Jemen ausgesetzt sind. Auch in zahlreichen demokratischen Ländern wurden Gesetze verabschiedet, die darauf abzielen, Medien schärfer zu überwachen, die Befugnisse der Geheimdienste zu erweitern oder Whistleblower zu bedrohen.

Das gilt auch für Deutschland, wo das neue BND-Gesetz und der Anti-Whistle­blower-Paragraf besonders bedenklich sind. Dennoch konnte sich Deutschland auf Platz 16 der Rangliste halten. Andere Staaten aus dem vorderen Feld sind dagegen deutlich zurückgefallen, wie die Niederlande (Platz 5), Neuseeland (13) und Kanada (22). Selbst Finnland als Spitzenreiter der letzten sechs Jahre ist auf den 3. Platz zurückgefallen, weil der öffentlich-rechtliche Rundfunk seine Berichterstattung über Interessenkonflikte von Politikern auf Druck der Regierung einstellen musste.

Von den EU-Ländern wurden zwei stark zurückgestuft: Kroatien um 4 Plätze auf Rang 74 wegen politischer Eingriffe in den öffentlichen Rundfunk HRT; Ungarn um 4 Plätze auf Rang 71, weil ein regierungsnaher Oligarch die einzige Oppositionszeitung aufkaufen durfte.

Um 4 Plätze zurückgefallen ist auch die Türkei. Sie liegt auf Rang 155 der RoG-Liste und ist damit binnen zwölf Jahren um 57 Plätze abgerutscht. Hier hat die Repression nach dem Putschversuch vom Juli 2016 ganz neue Dimensionen erreicht: Rund 150 Journalisten sitzen derzeit im Gefängnis, viele Medien wurden verboten, hunderte Presseausweise annulliert. Von einem Medienpluralismus kann keine Rede mehr sein.

Die gefährlichste Region für Journalisten bleibt der Nahe Osten. Im Jemen (Platz 166) ging zwar die Zahl der Todesopfer zurück, doch die Gefahr bleibt groß, von Rebellengruppen entführt oder durch saudische Luftangriffe getötet zu werden. Noch gefährlicher ist Syrien (Platz 177), wo inzwischen viele Medienunternehmen ihre Mitarbeiter abgezogen haben.

Das gefährlichste Land in Asien (außer Naher Osten) ist Afghanistan (Platz 120), wo 2016 mindestens zehn Medienschaffende von den Taliban oder dem IS umgebracht wurden. Auch in Pakistan (139) und Bangladesch (146) nehmen religiöse Extremisten missliebige Journalisten ins Visier, in Bangladesch trifft es vor allem säkulare Blogger.

Die gefährlichsten Länder Lateinamerikas sind Brasilien (Platz 103) und Honduras (140), wo Gewalt gegen Journalisten vom Regime kaum geahndet wird. Der größte Absteiger auf der Rangliste ist Nicaragua (um 17 Plätze auf Rang 92), hier ging die Wiederwahl von Präsident Ortéga mit Zensur und massiven Drohungen gegen unabhängige Medien einher.

In Afrika haben sich die Zustände vor allem in Burundi (Platz 160) verschlechtert. Sudan (174) und Äquatorialguinea (171) gehören ohnehin zu den schlimmsten Feinden der Pressefreiheit weltweit.

Le Monde diplomatique vom 11.05.2017