Was kommt nach TPP?
von Sven Hansen
Das sozialistische Vietnam gilt als das Land, das von den zwölf beteiligten Staaten am meisten vom transpazifischen Freihandelsabkommen TPP profitiert hätte. Für Vietnams boomende Textil-und Schuhindustrie hätte der zollfreie Export in den US-Markt, den mit Abstand größten der TPP-Staaten, einen weiteren Schub bedeutet. Auch die Elektronikindustrie des einst kriegszerstörten Landes hätte stark profitiert.
Bis Mitte der 1980er Jahre litt das Land unter Hungersnöten, nun soll es nach dem Willen der Führung in Hanoi bis 2020 den Status eines Industrielands erreichen.
Dabei sah die Regierung in TPP stets mehr als einen Zollsenkungsvertrag mit besonderer Attraktivität für ausländische Investitionen: Den kapitalistischen KP-Kadern sollte der Pakt auch ermöglichen, mit äußerem Druck die Staatsbetriebe zu reformieren und vom übermächtigen Nachbarn China unabhängig zu machen. Vietnams größter Handelspartner war von TPP ausgeschlossen.
Manche Investitionen in Vietnam waren in den letzten Jahren schon in Erwartung des TPP erfolgt. Andere waren Folge des inzwischen recht hohen Lohnniveaus in China, dessen arbeitsintensive Exportindustrie sich zunehmend nach günstigeren Standorten umsieht. Auch gegenüber Bangladesch, Vietnams Konkurrenten im Billiglohnsektor der Textilindustrie, das ebenfalls nicht in TPP eingeschlossen war, erhoffte sich Hanoi Vorteile.
Der neue US-Präsident Trump hatte schon im Wahlkampf China und Vietnam vorgeworfen, US-Amerikanern ihre Jobs zu „stehlen“. Doch auch die demokratische Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton wandelte sich zur TPP-Gegnerin. Als immer absehbarer wurde, dass Obama das Abkommen nicht mehr vor den Wahlen durch den Kongress bringen würde, nahmen die Kader ihrerseits Abstand von einer Ratifizierung. Sie sollte erst nach den US-Wahlen erfolgen.
Hanoi hatte bei den TPP-Verhandlungen Zugeständnisse machen müssen, welche die Regierung angesichts der unsicheren Lage nicht einseitig festschreiben wollte. So hatten die sonst auf ihrem Machtmonopol bestehenden Kommunisten der Bildung freier Gewerkschaften zustimmen müssen. Die Obama-Regierung verkaufte dies als Erfolg. Gewerkschaftsaktivisten sehen das skeptischer. Schon bisher hat Hanoi stets derartige Zusagen gebrochen. Sanktionsmechanismen gab es dafür nicht.
Von Trumps Wahlsieg war Hanoi so überrascht wie der Rest der Welt. Doch als dieser wie angekündigt an seinem ersten Amtstag den Ausstieg der USA aus TPP erklärte, war aus Hanoi weder Empörung noch große Enttäuschung zu vernehmen. Hanoi hatte nämlich vorgesorgt. Parallel zu den TPP-Verhandlungen hatte man andere Freihandelsabkommen vorangetrieben. Das Abkommen mit der Europäischen Union soll 2018 in Kraft treten. Mit der Eurasischen Union (Russland, Weißrussland, Kasachstan, Armenien und inzwischen Kirgistan, insgesamt 180 Millionen Einwohner) wurde bereits im Mai 2015 der Freihandel vereinbart.
An seinem bisherigen Wirtschaftskurs will Hanoi festhalten: „Wir haben schon zwölf Freihandelsabkommen ausgehandelt“, sagt Ministerpräsident Nguyen Xuan Phuc. „TPP wäre gut gewesen, aber auch ohne TPP werden wir mit der wirtschaftlichen Integration weitermachen im Rahmen der Vereinbarungen, dir wir getroffen haben.“⇥Sven Hansen