13.10.2016

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Schlechte Nachrichten

Der Feldzug gegen unabhängige Me­dien in der Türkei geht unablässig weiter. Am 4. Oktober besetzte die Polizei die Studios von 19 Radio-und Fernsehsendern in Istanbul und stoppte die laufenden Sendungen. Die Räume wurden versiegelt, das Personal wurde nach Hause geschickt. Beim Sender Özgür Radyo wurden die Türen eingetreten und sieben Mitarbeiter festgenommen, die eine Nacht im Polizeigewahrsam verbrachten. Bei allen betroffenen Anstalten, darunter IMC TV und Hayatın Sesi TV, wurden auch die Websites blockiert. Die meisten der verbotenen Sender haben ihr Publikum vor allem unter Kurden und Alewiten. Ihre Schließung war eine Folge des Lizenzentzugs, die der „Hohe Rundfunkrat“ (RTÜK) auf Grundlage eines Notstandsdekrets verfügt hatte. Die Entscheidung des RTÜK wurde vom Nationalen Sicherheitsrat angeordnet, der kurz zuvor getagt hatte.

Seit dem 31. Oktober sitzt in Russland der ukrainische Journalist Roman Suscht­schenko in Haft. Der Paris-Korrespondent der staatlichen Nachrichtenagentur Ukrin­form verschwand gleich nach seiner Ankunft in Moskau und wurde nur zufällig von Mitarbeitern einer Gruppe entdeckt, die Gefängnisinsassen betreut. Seine Festnahme bestätigten die russischen Behörden erst am 3. Oktober. Gegen den Journalisten wurde eine zweimonatige Untersuchungshaft verhängt. Ihm wird vorgeworfen, er sei Mitglied des ukrainischen Militärgeheimdienstes und nach Moskau gereist, um geheime Informationen über die „nationale Sicherheit“ Russlands zu beschaffen. Suschtschenko sagt, er habe nur Verwandte besuchen wollen.

Ein merkwürdiger Fall von versuchter Zensur wird aus Serbien gemeldet. Die führende Belgrader Tageszeitung Politiko feuerte am 30. September ihren bekanntesten Karikaturisten Dusan Petricic. Als Grund nannte der Chefredakteur „extrem hohe Honorare“ des Mitarbeiters und „verspätete Ablieferung von Arbeiten“. Zuvor war Petricic mehrfach ermahnt worden, den Ministerpräsidenten Aleksandar Vucic nicht so oft ins Visier zu nehmen. Nach heftigen Leser-Protesten wurde dem Karikaturisten mitgeteilt, er könne wieder zur Arbeit erscheinen. Die Unabhängige Serbische Journalistenvereinigung NUNS geht davon aus, dass die ursprüngliche Entlassung wie die spätere Wiedereinstellung durch Regierungschef Vucic persönlich veranlasst wurde, der bereits mehrfach versucht hat, kritische Journalisten zum Schweigen zu bringen.

Die Behörden in Vietnam haben am 26. ­September den Blogger und Menschenrechtsaktivisten Vu Quoc Ngu gehindert, nach Bangkok zu fliegen. Das Ausreiseverbot wurde mit einem Dekret begründet, das dem Schutz der „nationalen Sicherheit“ dienen soll. Der Herausgeber der Website Defend The Defenders wurde schon öfter daran gehindert, Kontakte zu Bloggern in Nachbarländern aufzunehmen. Die Regierung Vietnams praktiziert eine drakonische Aufsicht über alle Medien einschließlich der Bloggerszene.

Gute Nachricht

Eine deutsche Journalistin, die vor etwa einem Jahr in Syrien entführt wurde, ist am 28. September wieder freigekommen. Das Auswärtige Amt in Berlin gab die Ankunft der Frau und ihres in der Geiselhaft geborenen Kindes in der Türkei bekannt, ohne ihren Namen und ihren Beruf zu nennen. Die deutsche Sektion von RoG hebt hervor, dass die Medien „zum Schutz der Kollegin fast einhellig darauf verzichtet haben, den Fall für sensationsheischende Berichte auszuschlachten“.

Le Monde diplomatique vom 13.10.2016