Mbekis Ablenkungsmanöver
Staatspräsident Thabo Mbeki bemüht sich redlich, in den vom Krieg zerrissenen Ländern Afrikas einen Friedensprozess in Gang zu bringen. Doch innenpolitisch hat er eine Achillesferse: seine Position zum Thema Rasse und Sex.
Mbeki attackiert jeden, der Südafrikas hohe HIV- und Aidsraten zur Sprache bringen will. Im Oktober 2004 prügelte er verbal auf die Leute ein, die sich zu sexuellen Übergriffen in Südafrika äußerten. Kurz zuvor hatte die Vizedirektorin von UN-Aids, Kathleen Cravero, Folgendes geschrieben: „Die meisten Frauen und Mädchen in Afrika und in Asien können es sich nicht aussuchen, ob sie Sex haben wollen oder nicht. Frauen, die Opfer von Gewalt sind, haben keine Chance, gegenüber ihrem Partner irgendetwas durchzusetzen, schon gar nicht sexuelle Treue oder den Gebrauch von Kondomen.“ Mbeki reagierte, indem er die UN-Aids-Repräsentantin in die rassistische Ecke steckte: „Hier werden eindeutig alle afrikanischen und asiatischen Männer als sexuelle Raubtiere dargestellt.“
Das führte zu einer heftigen Kontroverse im Parlament, wo Mbeki behauptete, ein weißer Journalist habe schwarze Männer pauschalisierend als „zügellose sexuelle Tiere“ beschrieben, die „ihre Triebe nicht kontrollieren, ihre Beine nicht zusammenhalten und ihr Ding nicht in der Hose lassen können“. Tags darauf musste er auf der ANC-Website einräumen, dass das Zitat in Wahrheit von dem afroamerikanischen Assistenzprofessor Dr. Edward Rhymes von der Massachusetts University in Dartmouth stammt.
Das kommentierte die schwarze Frauenaktivistin Rhoda Kadalie so: „Vielleicht sollten wir schwarzen Frauen dem Präsidenten einmal klar machen, dass die meisten schwarzen Männer ihre Frauen tatsächlich schlecht behandeln. […] Vielleicht sollten wir dem Präsidenten sagen, dass sexuelle Autonomie für Frauen ein Mythos geblieben ist. Denn die Männer finden sich mit einem Nein in der Regel nicht ab und betrachten Frauen häufig als persönlichen Besitz. Vielleicht sollten wir dem Präsidenten erklären, warum mehr junge Frauen als Männer mit dem HI-Virus infiziert sind: Weil sich die Männer durch die Gegend schlafen und noch nicht einmal Kondome benutzen wollen. […] Sie sind nicht gewalttätig, weil sie schwarz sind, sondern weil Schwarze die Mehrheit der Männer in diesem Land ausmachen.“
Einen Monat später attackierte Mbeki Erzbischof Desmond Tutu, der von den vielen Speichelleckern im regierenden ANC sprach und dann meinte: „Ich hätte mir mehr und offenere Diskussionen über die Ansichten unseres Präsidenten zum Thema HIV/Aids im ANC gewünscht.“ Auch Tutu wurde daraufhin von Mbeki heftig angegriffen.
Ende Januar kritisierte die liberale Zeitung Mail&Guardian, der ANC habe eine „giftige, aber intellektuell klägliche Attacke“ gegen den Erzbischof gestartet: „Hier wird mehr oder weniger behauptet […], Tutu und andere anonyme ‚Ikonen‘ [zwar wird Nelson Mandelas Name nicht genannt, aber er ist eindeutig gemeint] seien für die Entstehung einer weißen ‚Elite‘ verantwortlich, die von schwarzen Meinungsmachern unterstützt werde.“ Nach zehn Jahren an der Macht erziele der ANC zwar bei Wahlen immer größere Mehrheiten, werde dabei aber ständig „kleingeistiger“. Paradoxerweise, so die Zeitung, sei die Partei „mit zunehmender Macht immer unsouveräner geworden.“