14.10.2005

Martha Rosler

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Martha Rosler

„Ende der 60er-Jahre verstand ich mich als abstrakte Malerin“, berichtet Martha Rosler, die jüngst als politisch engagierte Video-, Performance- und Foto-Künstlerin mit dem „SPECTRUM – Internationaler Preis für Fotografie der Stiftung Niedersachsen 2005 “ ausgezeichnet wurde. Damals, in ihrer „abstrakten“ Zeit, lebte sie in einem New Yorker Kreis von jungen Lyrikern und Künstlern, die sich im Kokon der Boheme der sozialen Revolution verschrieben hatten.

Ihre Kunst fand nicht die gewünschte soziale Resonanz, und so orientierte sich Rosler (wie so viele) stärker theoretisch. Sie ging nach San Diego und hörte dort, neben ihrem Kunststudium, unter anderem Vorlesungen von Herbert Marcuse.

Der Vietnamkrieg und der Feminismus haben ihre Kunst nachhaltig geprägt: Seit ihrer frühen Fotoserie „Bringing the war home“ (eine Collage von US-amerikanischen Schöner-Wohnen-Bildern mit Aufnahmen von GIs, Napalm und vietnamesischen Kindern) thematisiert sie in ihren Arbeiten immer wieder den ideologischen Gebrauch und die fragwürdige Authentizität der Bildmedien.

Über Jahrzehnte hat Martha Rosler in ihren Fotoserien öffentliche Räume (U-Bahn, Flughäfen) erkundet. Dabei hat sie ähnlich einem Tagebucheintrag mit der Kamera fokussiert, was meist unbeachtet bleibt, weil es gewöhnlich und selbstverständlich erscheint. Die Bilder, die wir sehen, erzählen von der Schönheit des Alltags und von groben wie subtilen Gewaltverhältnissen.

Eine andere Bilderwelt, die sich Rosler über die Jahre geschaffen hat, kreist um die gesellschaftlichen Normierungen des Körpers und um die ideologischen Festschreibungen von Weiblichkeit. So etwa, wenn sie, die Werbung von Haushaltsgegenständen parodierend, in dem Video „Semiotics of the kitchen“ den Fleischklopfer durch die Luft schwingt und dabei die Bezeichnung „tenderizer“ auf der Zunge zergehen lässt.

Martha Rosler unterrichtet an der New Yorker Rutgers University. „If not now, when?“ („Wann, wenn nicht jetzt?“) lautet der Titel einer Retrospektive, die noch bis Ende Oktober im Berliner Haus am Kleistpark zu sehen ist.M.L.K.

Katalog: „Martha Rosler, passionate signals“, Ostfildern (Hatje/ Cantz) 2005

Le Monde diplomatique vom 14.10.2005, von M.L.K.