Gestern in LMd, heute in den Nachrichten
CIA-Opfer
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat dem muslimischen Geistlichen Abu Omar eine Entschädigung von 70 000 Euro zugesprochen. Das Gericht stellt in seinem Urteil fest, dass die italienischen Behörden über die Pläne der CIA Bescheid wussten, die den islamischen Geistlichen im Februar 2003 aus Mailand entführte und nach Ägypten verschleppte. Eine Mitschuld des italienischen Staats sei auch deshalb gegeben, weil er die Täter straffrei davonkommen ließ. Die Geschichte des Abu Omar und anderer Entführungsopfer der CIA hat Stephen Grey schon vor elf Jahren aufgedeckt und in Le Monde diplomatique aufgeschrieben. Seine Reportage erschien im März 2005 unter dem Titel: „Entführt, verhört, versteckt – Das stille System der Auftragsfolter“.
Erdogan gegen Zaman
Im sicheren Gefühl, die Europäische Union im Hinblick auf die Flüchtlingsfrage erpressen zu können, beschleunigt Präsident Erdogan die Transformation der Türkei in einen autoritären Staat. Mit der Besetzung und Übernahme der Redaktionen der Zaman-Mediengruppe wurden die kläglichen Reste der Pressefreiheit geschleift. Das AKP-Regime eliminierte damit eine der letzten kritischen Stimmen in der Medienlandschaft. Die Übernahme von Zaman ist aber vor allem ein Schlag gegen die Bewegung des Predigers Abdullah Gülen, den Erdogan als Kopf einer terroristischen Vereinigung bezeichnet. Über die wechselhafte Beziehung zwischen Erdogan und dem in den USA lebenden Gülen informiert die Analyse von Günter Seufert, die unter dem Titel „Der mächtige Herr Gülen“ im Februar 2014 in LMd erschienen ist. In derselben Ausgabe hat Yavuz Baydar das autoritäre Programm Erdogans skizziert, das seitdem sukzessive umgesetzt wird. Derselbe Autor beschrieb im September 2014 auch unter dem Titel „Ein Staat für Erdogan“ die Einschränkung der Pressefreiheit und anderer Grundrechte in der Türkei. Yavuz Baydar war bis letzte Woche Kolumnist der englischsprachigen Today’s Zaman. Zugleich ist er Mitbegründer von P24, einer „Platform for Independent Journalists“, die dem AKP-Regime seit Langem ein Dorn im Auge ist.
