12.11.2015

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Schlechte Nachrichten

Die konservativen Kräfte im Iran verschärfen ihre Kampagne gegen missliebige Medien. Am 2. November hat der Geheimdienst der Revolutionsgarden, die direkt dem Staatspräsidenten Ali Chamenei unterstehen, vier Journalisten verhaftet: Afarine Chitsaz von der Tageszeitung Iran, Ehssan Mazandarani, Chefredakteur der Tageszeitung Farhikhteghan, Saman Safarzai von der Monatszeitschrift Andisher Poya und den unabhängigen Journalisten Issa Shar­khiz. Alle vier werden beschuldigt, einem „illegalen Netz“ anzugehören, das Verbindungen zu den USA und Großbritannien unterhalte. Die staatlichen Nachrichtenagenturen und Fernsehsender berichteten, die Verhafteten würden auch wegen „Aktivitäten gegen die nationale Sicherheit“ und „Beziehungen zu ausländischen Journalisten“ angeklagt. In den letzten Wochen hatte der „oberste Führer“ Chamenei mehrfach öffentlich vor der „politischen und kulturellen Infiltration“ durch die USA gewarnt.

Im Vorfeld der Parlamentswahlen in der Türkei hat die Regierung den Druck auf regierungskritische Medien massiv verstärkt. Am 28. Oktober besetzten die Sicherheitskräfte die Zentrale des Medienkonzerns Koza-Ipek, den ein Gericht zuvor unter staatliche Aufsicht gestellt hatte. 71 Mitarbeiter von Zeitungen und TV-Sender der Mediengruppe wurden fristlos entlassen. In den Wochen vor den Wahlen waren Redaktionen gestürmt, ausländische Reporter verhaftet und kritische Verlage mit Verleumdungsprozessen überzogen worden.

In der autonomen Region Kurdistan im Norden des Irak häufen sich die Angriffe auf Journalisten. Seit Beginn einer Welle von Protesten gegen die Pläne von Präsident Barsani, sich für eine weitere Amtszeit zu bewerben, wurden zahlreiche Medienzentralen von den Sicherheitskräften besetzt und geschlossen. In den Städten Erbil, Dohuk und Soran wurden die Redaktionsräume örtlicher Zeitungen verwüstet, nachdem die Polizei die Mitarbeiter hinausgeworfen hatte. In Erbil nahm die Polizei sechs Mitarbeiter des unabhängigen Senders NRT TV fest, die sie abtransportierte und erst jenseits der Provinzgrenzen wieder auf freien Fuß setzte.

In Honduras hinderten Grenzpolizisten auf dem Flughafen von Tegucigalpa den prominenten Journalisten Julio Ernesto Alvarado am Verlassen des Landes. Der Moderator des Senders Radio Globo y TV wollte nach Washington fliegen, wo er vor der Interamerikanischen Kommission für Menschenrechte (IACHR) auftreten sollte. Die IACHR hatte die Klage Alvarados gegen seine Verfolgung durch die honduranischen Behörden angenommen und der Regierung von Honduras auferlegt, die Verfahren gegen den Journalisten ruhen zu lassen. Die Behörden stützen das Ausreiseverbot gegen Alvarado auf die dürftige Begründung, sein Pass sei in den 1970er Jahren von einem Kriminellen gestohlen worden, der danach mehrere Verbrechen begangen hatte.

Le Monde diplomatique vom 12.11.2015