Das europäische Volk
Diese in Ocker eingefärbte Karte veranschaulicht die Vorstellung von einem einzigen, über viele Länder verstreuten Volk: der Nation der Roma. Diese verstehen sich als eine Nation, die nicht über ein festes Siedlungsgebiet verfügt und ein solches auch gar nicht anstrebt. Die Nation der Roma beansprucht keinen Raum, sondern Recht und Gerechtigkeit. So steht es in der Präambel der von dem Aktivistennetz RANELPI vorgeschlagenen Charta der Roma in der Europäischen Union: „Seit über sechs Jahrhunderten ist das Volk der Roma ein konstitutiver Bestandteil Europas, zu dem es fortwährend einen menschlichen, materiellen, künstlerischen, wirtschaftlichen, militärischen und moralischen Beitrag geleistet hat, der allzu oft übersehen wird. (…) Es möchte einen Platz in der Europäischen Union einnehmen, indem es sich einer entschieden fortschrittlichen Dynamik verschreibt, die auf soziale Integration, rechtliche Gleichstellung, Ablehnung der sozialen Exklusion und auf die wechselseitige Anerkennung aller in Europa repräsentierten Identitäten und Strukturen zielt.“
Der Mühe, diese Charta zu lesen, dürfte sich Nicolas Sarkozy nicht unterzogen haben, genauso wenig wie die Journalisten oder die Mehrheit jener Volksvertreter, die seine unverbrämt rassistischen und romafeindlichen Reden im Chor nachbeten. Ein französischer Abgeordneter hat es sich nicht nehmen lassen, in einer öffentlichen Sitzung zu verkünden: „Das sind asoziale (…) Leute, die keinerlei Bezugspunkte haben.“ Seit 2002 versucht der französische Staat, die Roma in Frankreich zu kriminalisieren, um sie leichter ausweisen zu können, „weil es normal ist“, wie Nicolas Sarkozy betonte, „Roma nach Rumänien zurückzuschicken“. Während die Grenzen für die „anerkannten“ europäischen Bürger verschwinden, bleiben sie für die Roma, denen elementare Menschenrechte vorenthalten und die oft diskriminiert werden, ein wahrer Albtraum. Auf unserer Karte sind sie als hässliche rote und schwarze Narben dargestellt.