09.12.2005

Kleines WTO-Lexikon

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Kleines WTO-Lexikon

Subventionen werden in Kategorien oder „Boxen“ unterteilt:

– In die orange Box kommen Subventionen, die vermieden und abgebaut werden sollen. Dazu gehören die an Erzeugermengen und -preise des laufenden Jahrs „gekoppelten“ Beihilfen, die laut WTO-Agrarabkommen Handelsverzerrungen hervorrufen. Dabei handelt es sich sowohl um die „Stützung von Marktpreisen“ als auch um mengen- und preisabhängige Beihilfen. Beispiele sind staatliche Aufkäufe von Getreide und Milcherzeugnissen zu Garantiepreisen oder staatlich subventionierte Agrarkredite.

– Die blaue Box betrifft geduldete Beihilfen. Dazu gehören alle Subventionen, die zwar an Produkte gebunden sind, sich aber nicht nach den tatsächlich produzierten Mengen richten. Als Beispiel seien genannt die Hektarbeihilfen, die an die Stilllegung von Anbauflächen gebunden sind, und die bestandsabhängigen Beihilfen für die Viehzucht.

– Die grüne Box nimmt die erlaubten Hilfen auf, für die keine Obergrenze festgelegt ist. Dazu gehören Subventionen, die sich auf das Preis- und Mengenniveau im laufenden Jahr nicht oder nur geringfügig auswirken. Hierunter fallen staatliche Forschungs- und Fortbildungsprogramme ebenso wie Förderungen für den Umweltschutz und Zuschüsse im Fall von Naturkatastrophen. In der EU fällt seit diesem Jahr auch die „einheitliche Betriebsprämie“ darunter, die die Kriterien der grünen Box allerdings nicht erfüllt.

Die Gruppierungen der Entwicklungsländer: Auf der WTO-Ministerkonferenz 2003 in Cancún gründeten die Entwicklungsländer zum Themenkreis Landwirtschaft drei Gruppierungen, die innerhalb der WTO jedoch keine Legitimität besitzen. Seither haben die G 20, die G 33 und die G 90 auch noch zu anderen Verhandlungsthemen Stellung bezogen.

– Die G 20 umfasst in Wirklichkeit nur 19 Entwicklungsländer, von denen 9 Agrarnettoexporteure sind und 10 auch der G 33 angehören. Unter Leitung von Brasilien, gefolgt von China, Indien und Südafrika, beansprucht die G 20 die Führungsrolle unter den Entwicklungsländern, muss jedoch tendenziell mit dem Widerspruch der G 33 und G 90 rechnen. Nicht zu verwechseln ist die G 20 mit der gleichnamigen Gruppe, die 1999 von der G 7 der Industrieländer gegründet wurde.

– Die G 33 umfasst 42 Entwicklungsländer, von denen 10 auch Mitglieder der G 20, weitere 28 auch Mitglied der G 90 sind. Sie tritt vor allem für die Beibehaltung hoher Einfuhrbeschränkungen ein.

– Die G 90 umfasst die 79 AKP-Staaten, die durch das Cotonou-Abkommen mit der EU assoziiert sind, die 49 am wenigsten entwickelten Länder (LDC) – die meisten gehören zur AKP – und die Länder der Afrikanischen Union, die zum überwiegenden Teil sowohl zur LDC-Gruppe also auch zu den AKP-Staaten gehören. Sie teilt das Ziel der G 33, hohe Einfuhrbeschränkungen beizubehalten, befürchtet aber, dass die von der G 20 geforderte Senkung der Einfuhrzölle der Industrieländer für ihre Staatengruppe negative Folgen nach sich ziehen könnte.

– Die G 4 umfasst die Vereinigten Staaten, die Europäische Union, den G-20-Repräsentanten Brasilien und den G-33-Repräsentanten Indien. Sie übernimmt tendenziell die Rolle der G 5 (G 4 plus Australien) bei der Formulierung der Verhandlungsfortschritte, bevor die Gespräche in erweiterter Zehner- oder Zwölferrunde und „Miniministerkonferenzen“ mit 25 bis 30 Mitgliedern weitergehen.

Le Monde diplomatique vom 09.12.2005