12.04.2013

Das Lernmodell

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Das Lernmodell

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In Finnland beginnt nach einem Jahr freiwilliger Vorschule die Schulpflicht erst im Alter von sieben Jahren. Alle Kinder kommen in die sogenannte Gemeinschaftsschule, die von der 1. bis zur 9. Klasse geht. Bis zur 6. Klasse unterrichtet jeweils drei Jahre eine Klassenlehrerin oder ein Klassenlehrer alle Fächer. Fachlehrer werden erst ab der 7. Klasse eingesetzt.

Allerdings werden Kinder, bei denen sich schon im Kleinkindalter Lernschwierigkeiten abzeichnen, lange vor Schulbeginn gezielt gefördert. Das liegt daran, dass die finnische Familienfürsorge sich nicht nur um die sozialen und gesundheitlichen Problemfälle kümmert, sondern auch die Bildung im Blick hat. In der Gemeinschaftsschule übernimmt diese Aufgaben das „Komitee für das Schülerwohl“, in dem sich die Schulleitung, das Lehrerkollegium, ein Psychologe, eine Sozialarbeiterin und ein Krankenpfleger einmal in der Woche über einzelne Fälle austauschen. Für jedes Kind soll eine individuelle Lösung gefunden werden, Elternarbeit und Hausbesuche inbegriffen.

Das finnische Schulgesetz sieht drei Stufen vor: Vorübergehende Schwierigkeiten soll der Klassen- oder Fachlehrer zunächst in einer Einzelbetreuung ausräumen, die vor oder nach dem regulären Unterricht stattfindet. Bei größeren Problemen kann er einen anderen Fachlehrer oder einen Mediator zu Rate ziehen. Für anhaltende Schwierigkeiten soll der Fachlehrer ein individuell abgestimmtes Lernprogramm entwickeln, das der betroffene Schüler entweder im Klassenverband oder in einer kleineren Arbeitsgruppe in einem Nebenraum absolviert. Die konstante, individuelle Betreuung sorgt dafür, dass die Kinder nicht den Anschluss verlieren, denn „Sitzenbleiben“ ist teuer, ineffizient, entmutigend und diskriminierend. Einwandererkinder bekommen zum Beispiel nicht nur Nachhilfeunterricht in Finnisch, sie werden auch zwei Stunden in der Woche in ihrer Muttersprache unterrichtet.

Nach der neunjährigen Gemeinschaftsschule wechseln die Schüler entweder ans Gymnasium oder an die Berufsschule, an der sie ebenfalls das Abitur machen können. In Finnland schließt die Mehrheit der Jugendlichen die Schule mit der Hochschulreife ab.

Le Monde diplomatique vom 12.04.2013