13.04.2006

Sanna Kannisto

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Sanna Kannisto

Schillernde Frösche, riesige Schmetterlinge, leuchtende Passionsblumen, Exotik und Fremdheit – der südamerikanische Regenwald dient der finnischen Fotografin Sanna Kannisto (geb. 1974) als opulent-sinnliche Bühne für ihre jüngsten Werkgruppen. In der Rolle der Naturforscherin begibt sie sich vor Ort, sammelt Tiere oder Pflanzen und trägt sie in ihr fieldstudio, ein tragbares Miniaturstudio, das die Fundstücke mit seinen purpurnen Vorhängen in eine artifizielle fremde Aura hüllt. „Die Fotobox, die ich konstruiert habe, ist wie eine Bühne, auf der ich Performances nach der Natur aufführe.“ Übergroß können sich die Pflanzen und Tiere, die sich für gewöhnlich in der üppigen Vegetation tarnen, hier in ihrer Einzigartigkeit und Magie darbieten. Kann die Natur nicht ins Studio geholt werden, schafft sie sich ein Studio in der Natur – so bei dem Bienenvideo (S. 5)

Ähnlich den Naturdarstellungen früherer Epochen überschneiden sich künstlerische und wissenschaftliche Aspekte in den Arbeiten Kannistos. Die Titel (lateinische Gattungsbezeichnungen) erinnern an das Skizzenbuch eines Forschungsreisenden, doch Kannisto geht es nicht um die wissenschaftliche Identifikation. Ihre faszinierend fremden Porträtbilder schaffen vielmehr Raum für Fragen und Assoziationen: Wie prägt oder spiegelt die Begegnung mit der Natur unser Denken und Empfinden? Was erkennen wir, wenn wir die Separation der Gattungen überwinden – über Fragilität, Eros, Gewalt und Verwesung?

M.L.K

Ausstellung: Sanna Kannisto, Galerie Wilma Tolkstorf, Berlin, Zimmerstraße 88/ 89, noch bis 22. 4. 2006. Ansichten des Werkes in: „Selbstauslöser“, herausgegeben von der Kunsthalle Fridericianum, 2005.

© für alle Abbildungen: Sanna Kannisto; Courtesy Galerie Wilma Tolksdorf

Le Monde diplomatique vom 13.04.2006, von M.L.K