11.10.2013

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Entführt in Tripolis

Ein Kommando der Spezialeinheit Navy Seals hat in Tripolis einen angeblichen Staatsfeind der USA gefasst. Der als Al-Qaida-Führer bezeichnete Abu Anas al-Libi, der 1998 die blutigen Bombenattentate auf die US-Botschaften in Kenia und Tansania geplant haben soll, wurde auf das im Mittelmeer stationierte Kriegsschiff „USS San Antonio“ verschleppt. Der libysche Regierungschef Ali Zaidan bezeichnete die Aktion als „Entführung“ und verlangte von Washington eine Erklärung. Die gab US-Außenminister John Kerry bereits mit der Auskunft, der auf der FBI-Fahndungsliste stehende al-Libi sei für das US-Militär ein „rechtmäßiges und angemessenes Ziel“, seine Ergreifung sei „mit dem Recht der USA vereinbar“. Über die Vereinbarkeit mit dem internationalen Recht äußerte sich Kerry nicht. Dass das Völkerrecht für Washingtons eine im Zweifel zu vernachlässigende Größe ist, wissen wir seit Guantánamo und den CIA-Flugzeugen, mit denen „Verdächtige“ in Folterländer transportiert wurden. Besonders ungehindert können die USA, wie die jüngsten Aktionen in Libyen und Somalia zeigen, in Territorien ohne effektive Regierung agieren. Über den fortschreitenden Verfall der „Staatsruine“ Libyen hat Le Monde diplomatique seit Längerem berichtet. Besonders lesenswert sind heute noch die Analysen von Patrick Haimzadeh „Nach Gaddafi“ erschien im September 2011, „Versöhnung und Erpressung“ im Dezember 2011.

Ertrunken vor Lampedusa

Die mediale Aufmerksamkeit für die Tragödie von Lampedusa wird hoffentlich nicht versickern, ohne in die überfällige Debatte über die Flüchtlingspolitik der EU zu münden. Wie sich Europa im Mittelmeerraum abschottet, wurde in Le Monde diplomatique schon vor Jahren kritisiert. In „Europas Mauern“ beschrieben Alain Morice und Claire Rodier im Juni 2010, wie sich die EU durch ein System „mobiler Hindernisse in Wüsten und Meeren“ abschottet. Das Gegenstück zu dieser Analyse ist die Reportage von Fabrizio Gatti, der sich als vermeintlicher „Illegaler“ auf den Weg von Afrika nach Europa gemacht hat. Sein haarsträubender Reisebericht „Durch die Ténéré“ ist in der Ausgabe vom Januar 2010 nachzulesen. Ein Stück von „Europas Mauer“ beschreibt auch Jiannis Papadopoulos in seinem Bericht über die griechisch-türkische Grenze, erschienen im Februar 2011 unter dem Titel „Der Schengenzaun“.

Le Monde diplomatique vom 11.10.2013