Schon wieder
Neues Geschäftsmodell mit US-Immobilien von Laura Gottesdiener
Die Preise für Eigenheime steigen! Die Baukonjunktur springt wieder an! Die Krise ist überwunden! Seit einiger Zeit bejubeln die Medien in den USA die wundersame Wiederauferstehung der Immobilienmärkte. Was sich hinter dem ganzen Tamtam verbirgt, erfährt man nicht. In der Branche breitet sich seit knapp zwei Jahren eine komplett neue Strategie des schnellen Reichtums aus.
Heimlich, still und leise haben Hedgefonds und Private-Equity-Unternehmen inzwischen ein wahres Imperium von Mietimmobilien angehäuft. In Atlanta schnappen sie sich viktorianische Anwesen aus dem 19. Jahrhundert, in Chicago verklinkerte Bungalows und in Phoenix, Arizona, Villen im spanischen Kolonialstil. Insgesamt haben diese zahlungskräftigen Investoren mehr als 200 000 kostengünstige, vorwiegend zwangsversteigerte Häuser aufgekauft.
Die an der Wall Street ausgelöste Immobilienkrise hat seit Herbst 2007 mehr als 10 Millionen Menschen um ihr Wohneigentum gebracht. Dadurch ist ein paradoxes Problem entstanden: Während Millionen leerstehender Häuser, die in Bankbesitz übergegangen sind, die Vorstädte verwaisen lassen und die Kriminalitätsrate in die Höhe treiben, sind Millionen obdachlos gewordener US-Bürger auf der Suche nach einer sicheren Unterkunft.
Zum Glück hat man an der Wall Street jetzt eine Lösung gefunden: Die neuen Investoren bieten den ehemaligen Eigentümern die Chance, in ihre zwangsverkauften Häuser zurückzuziehen – als Mieter. Als Vehikel dient dabei ein neuer Typ verbriefter Wertpapiere, der allerdings das ganze Konzept in die Luft sprengen könnte. Wie schon einmal.
Seit Beginn des neuen Kaufrauschs hat kein Unternehmen mehr Häuser erworben als das größte Private-Equity-Unternehmen der Welt: die Blackstone Gruppe. Über ihre Tochterfirma „Invitation Homes“ hat sie bei Zwangsversteigerungen, über lokale Makler und direkt von den Banken massenweise Häuser aufgekauft. In Atlanta hat Invitation Homes auf einen Schlag 1 400 Häuser erworben. Bis November 2013 hat Blackstone insgesamt 7,5 Milliarden Dollar für 40 000 zumeist zwangsversteigerte Objekte im ganzen Land ausgegeben, macht seit Oktober 2012 pro Wo-che 100 Millionen Dollar. Vor Kurzem kündigte das Unternehmen an, man werde sich auf diesem Gebiet auch international engagieren. Als Einstiegsmarkt ist Spanien vorgesehen, wo Zwangsversteigerungen zum Alltag gehören.
Außerhalb des Finanzsektors ist der Name Blackstone bislang kaum ein Begriff. Dabei besitzt die Gruppe die meisten vermieteten Einfamilienhäuser in den USA. Hinzu kommen (ganz oder teilweise) die Hilton-Hotelkette, das britische Gesundheits- und Pflegeunternehmen Southern Cross Healthcare, der TV-Wettersender TWC (The Wheather Channel), das US-Unternehmen Sea World (Betreiber von Meeres-Themenparks), die Kaufhauskette Michael’s (Kunst und Handwerk) und Dutzende weiterer Unternehmen.
Nach Angaben der US-Börsenaufsichtsbehörde SEC verfügte die Blackstone Group im Jahr 2012 über Vermögenswerte in Höhe von 210 Milliarden Dollar. Zu den institutionellen Anlegern des börsennotierten Unternehmens gehören fast alle namhaften Finanzinstitute, die im Zusammenhang mit der Subprime-Krise auf der Anklageliste stehen: Morgan Stanley, Citigroup, Deutsche Bank, die schweizerische UBS, Bank of America und Goldman Sachs. Und natürlich darf auch die größte US-Bank, JP Morgan Chase, nicht fehlen, die im Oktober 2013 eine Pauschalstrafe in Höhe von 13 Milliarden Dollar akzeptiert hat, um die Einstellung zahlreicher Klagen wegen ihrer riskanten und häufig illegalen Geschäfte mit Hypothekenverbriefungen zu erreichen.
Mit anderen Worten: Wenn Blackstone jetzt erneut – unter Ausnutzung der Wohnungskrise – das große Geld macht, sahnen sämtliche Wall-Street-Banken, die alle Welt als Hauptschuldige betrachtet, mit ab. Also genau jene Institute, die erst die Voraussetzungen für die Überschuldungs- und Zwangsversteigerungskrise geschaffen haben.
In bestimmten Wohnvierteln merken die Leute bereits, dass da etwas aus dem Ruder läuft – auch wenn ihnen Blackstone kein Begriff ist. In Los Angeles zum Beispiel wunderte sich der Makler Mark Alston über eine merkwürdige Entwicklung: Die Häuserpreise zogen wieder an. Und zwar sehr schnell: von Oktober 2012 bis Oktober 2013 um satte 20 Prozent. Unter normalen Marktbedingungen zeigen steigende Preise eine wachsende Nachfrage an. Aber hier war es anders, denn die Zahl der individuellen Hausbesitzer ging zurück.
Außerdem änderte sich der Kreis der Interessenten. Alston macht seine Geschäfte vor allem mit Objekten in den innerstädtischen Wohnvierteln, wo die Bewohner meist Afroamerikaner oder hispanischer Herkunft sind. „Zwei Jahre lang habe ich nichts mehr an eine schwarze Familie verkauft, obwohl ich es ständig versuche“, berichtet Alston. Seine neuen Kunden waren ausnahmslos weiße Geschäftsleute. Und noch eigenartiger war, dass alle in bar zahlten.
Die Hypothekenkrise zwischen 2005 und 2009 hat die Vermögen der afroamerikanischen Bevölkerung um 53 Prozent und die der Hispanics um 66 Prozent entwertet. Das sind Zahlen, die jedes Vorstellungsvermögen übersteigen. Heute können in den USA nur ganz wenige Schwarze oder Hispanics ein Haus kaufen und noch weniger in bar bezahlen.
Blackstone dagegen kann das nötige Geld mühelos aufbringen; die Deutsche Bank zum Beispiel hat dem Unternehmen eine Kreditlinie von 3,6 Milliarden Dollar eingeräumt. Mithilfe solcher Summen kann das Unternehmen natürlich mit links Familien überbieten, die einen Hauskauf auf traditionelle Weise finanzieren müssen.
Der Deutsche-Bank-Kredit ermöglichte es Blackstone zudem, in kürzester Zeit sehr viele Objekte zu erwerben, was für die lokalen Märkte ein Schock war. Die Preise schossen derart in die Höhe, dass viele Familien einfach nicht mehr mithalten konnten. „Mit einem Unternehmen, das auf künftige Wertsteigerungen spekuliert, kannst du nicht konkurrieren, wenn es mit Bargeld um sich wirft. Es sieht fast so aus, als hätten sie das so geplant“, meint Alston.
Ein Rückblick auf die Finanzkrise zeigt, dass diese einen massiven Transfer von Reichtum und Vermögenswerten bewirkt hat, wobei die großen Verlierer die Normalbürger und die großen Gewinner die mächtigsten Finanzinstitutionen waren. Die privaten Haushalte erlitten in der Krise – nach einer Schätzung des US-Finanzministeriums vom April 2012 – Wertverluste in Höhe von 19,2 Billionen (trillion) Dollar; die Banken hingegen vermochten, mehr als 5 Millionen Häuser in ihren Besitz zu bringen.
Was das langfristig bedeutet, beginnt sich erst langsam abzuzeichnen: Die wirtschaftliche Erholung treibt eine fatale Entwicklung, die in den Rezessionsjahren begonnen hat, noch weiter voran – eine Umverteilung von Reichtum und Macht von unten nach oben.
In den Krisenjahren 2009 bis 2012 entfielen 95 Prozent der Einkommenszuwächse auf das reichste Hundertstel der US-Bürger. Mit der Erholung des Wohnungsmarkts kam der enorme Wertzuwachs nicht etwa Familien und Kommunen zugute, sondern in erster Linie der Wall Street. Seit Blackstone im Frühjahr 2012 begann, zwangsversteigerte Häuser massenhaft aufzukaufen, flossen Vermögenswerte in Höhe von schätzungsweise 88 Milliarden Dollar direkt an Banken und institutionelle Investoren, die ihr Kapital in Wohnimmobilien angelegt haben. Und das ist erst der Anfang.
Der Aufkauf billiger Häuser in Erwartung künftiger Wertsteigerungen ist freilich nicht das einzige Geschäftsmodell, mit dem Blackstone seine Profite machen will. Der Finanzgigant möchte auch bei den Mieten mitverdienen.
Der Aufbau eines Mietimmobilienimperiums ist für die Wall Street eine komplett neue Masche. Die Vermietung von Einzelhäusern war bis vor Kurzem das klassische Betätigungsfeld von kleinen Maklerklitschen. Diesen Markt haben die Finanzalchimisten von Blackstone jetzt aufgemischt: Im November 2013 brachte das Unternehmen nach monatelangem Werberummel eine historische Neuheit auf den Markt: ein erstklassig bewertetes Anleihepapier, das mit Mieteinnahmen besichert ist. Und nachdem sich die Investoren um diese Bonds geprügelt haben, kündigten Blackstones Konkurrenten an, dass sie möglichst schnell ähnlich verbriefte Anleihen auflegen werden.
Die Idee, Mieteinnahmen zu bündeln und an Investoren zu verkaufen, kann man – je nach Blickwinkel – entweder als naturwüchsige Fortentwicklung des Finanzsektors oder als feuerspeiendes Ungeheuer sehen. „Es handelt sich um völliges Neuland“, meint Ted Weinstein, der seit dreißig Jahren als Berater in der Wohneigentumsbranche arbeitet. „So was hätte ich mir nicht mal im Traum vorstellen können.“
Wer allerdings 2008 die Subprime-Krise, also den Absturz der hypothekengedeckten Anleihepapiere, am eigenen Leib erfahren hat, dem wird dieses „Neuland“ merkwürdig bekannt vorkommen.
„Das ist wie ein mit Wohnhaushypotheken besichertes Papier“, bestätigt der Investor eines Hedgefonds, der mit Blackstone im Geschäft ist. Auf die Frage, warum der kleine Kunde, der sich an die riskanten Papiere und den Crash von 2008 erinnert, diese „Sicherheiten“ für sicher halten soll, hat er nur die Antwort: „Vertrauen Sie mir.“
Für Blackstone ist das Ganze eine simple Rechnung. Das Unternehmen will Gelder vorgeschossen bekommen, mit denen es zwangsversteigerte Häuser billig erwerben kann, bevor die Preise wieder steigen. Deshalb tut man sich mit JP Morgan, Credit Suisse und der Deutschen Bank zusammen und bündelt die erwarteten Mietzahlungen von 3 207 Einfamilienhäusern zu Anleihepapieren, die man an Investoren verkauft. Als zusätzliche Sicherheit für diese Bonds dienen Hypotheken der betreffenden Häuser. Das Ganze ist natürlich nur ein erster Testlauf für einen ganz neuen Geschäftszweig namens „mietenbesicherte Wertpapiere“.
Viele der großen Wall-Street-Banken mischen in diesem Geschäft mit. Das geht aus privaten Kaufofferten mit Datum vom 31. Oktober 2013 hervor, die Blackstone potenziellen Investoren zugeschickt hat. Die Vermarktung der neuen Bonds erfolgt durch die Deutsche Bank, JP Morgan Chase und Credit Suisse. Das Zertifikatsmanagement liegt bei Wells Fargo, dem größten Finanzinstitut der Welt. Für das Kreditmanagement ist eine Tochter der PNC Bank namens Midland Loan Services zuständig. In diesem Zusammenhang sei daran erinnert, dass die Deutsche Bank, JP Morgan Chase, Wells Fargo und die PNC Bank zu jener Clique von Geldinstituten gehören, die 2013 die meisten Zwangsvollstreckungen gegen Familien in den USA durchgesetzt hat.
Man kann nur hoffen, dass sie wissen, was sie tun
Spricht man mit Wirtschaftswissenschaftlern, Insidern der Immobilienbranche und politischen Aktivisten, gewinnt man den Eindruck, dass die Angst umgeht. Aber noch hoffen alle inständig, dass das, was wie eine Ente aussieht, wie eine Ente schwimmt und wie eine Ente quakt, am Ende nicht genau so abstürzt, wie es der letzte Entenschwarm getan hat – und damit erneut die Wirtschaft zum Absturz bringt.
Dean Baker vom Center for Economic and Policy Research (CEPR) in Washington ist skeptisch: „Man kann nur hoffen, dass sie wissen, was sie tun, dass sie auf Verluste und längere Leerstände vorbereitet sind. Aber darauf würde ich mich auf keinen Fall verlassen.“ Die Cashflow-Analysen in den Prospekten für potenzielle Investoren gehen davon aus, dass die durchschnittliche Monatsmiete bei 1 312 Dollar liegt und dass zu jedem Zeitpunkt 95 Prozent der Häuser vermietet sein werden. Eine solche Vermietungsquote gilt unter Immobilienprofis als „ehrgeizig“.
Hinzu kommt, dass zwischen den neuen mietenbesicherten und den hypothekenbesicherten Wertpapieren ein gravierender Unterschied besteht. Wenn eine Bank auf ein Haus zugreift, das als Sicherheit für die gewährte Hypothek dient, gilt zumindest die Annahme (die aufgrund verzerrter oder fehlerhafter Kalkulationen der Bank häufig falsch ist), dass der Hausbesitzer seinen Hypothekenkredit tatsächlich nicht korrekt bedient hat. Anders ist es bei mietenbesicherten Wertpapieren: Wenn ein solcher Fonds bankrottgeht, können Tausende Familien ihre Wohnung verlieren, egal ob sie ihre Miete regelmäßig bezahlt haben oder nicht. In einem solchen Fall, erklärt Dean Baker, „verlieren viele ihr Zuhause nicht etwa deshalb, weil sie mit der Miete im Rückstand sind, sondern weil ihre Vermieter zahlungsunfähig geworden sind“.
Sind diese neuen Sicherheiten wirklich sicher? Das wird von der simplen Frage abhängen, ob sich Blackstone zu einer guten Immobilienverwaltung entwickelt. Denn nur ein vernünftiges Management kann für eine hohe Belegungsquote sorgen und berechenbare Umsätze erzielen, was das Vertrauen der Investoren stärkt. Ein schlechtes Management dagegen produziert nur Beschwerden, Misstrauen und einen hohen Leerstand, was die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass für Blackstone die laufenden Einnahmen nicht ausreichen, um den Investoren ihre garantierte Rendite auszuzahlen.
Glaubt man Donna Porter, die von der Blackstone-Tochter Invitation Homes ein Haus in einem Vorort von Atlanta gemietet hat, ist das Unternehmen alles andere als ein solider Hausverwalter. Die alleinerziehende Mutter hat im Herbst 2013 einen Mietvertrag über zwei Jahre unterschrieben. Aber schon nach wenigen Wochen hätte sie am liebsten sofort wieder gekündigt. Als sie sich über Kakerlaken und Wasserwanzen im Haus beschwerte, wurden ihre Online-Anfragen gelöscht, ohne dass sich irgendjemand mit dem Ungezieferbefall befasst hätte. Und als sie daraufhin die Hotline der Firma anwählte, ging niemand ans Telefon.
Kurz darauf bekam sie eine E-Mail mit dem Vermerk „dringend“: Invitation Homes hatte es versäumt, einen Teil der Novembermiete von Porters Konto abzubuchen und forderte die Mieterin auf, die Restmiete am darauffolgenden Tag bis 17 Uhr persönlich in Form einer beglaubigten Zahlungsanweisung vorbeizubringen. Andernfalls wären „200 Dollar Anwaltsgebühren“ fällig.
Am nächsten Tag nahm sich Porter von der Arbeit frei, um die Geldanweisung persönlich abzugeben. Daraufhin erfolgte, wiederum per E-Mail, die Mitteilung, die Zahlung werde nicht anerkannt, denn sie habe weder die 200 Dollar Säumniszuschlag enthalten noch eine zusätzliche Strafgebühr von 75 Dollar für unzureichenden Kontoausgleich.
Und das war nur der Anfang einer ganzen Serie entnervender E-Mails. Am Ende drohte Invitation Homes sogar mit einer Räumungsklage, falls die Mieterin die diversen Strafgebühren nicht bezahlen würde. Donna Porter forderte die Vermieterfirma mehrfach auf, ihre Monatsmiete zu akzeptieren und sie ansonsten in Ruhe zu lassen: „Ich fühlte mich wirklich schikaniert und empfand das Ganze als sehr ungerecht.“ Erst als sie Invitation Homes mitteilte, sie werde sich einen Anwalt nehmen, lenkte die Firma plötzlich ein und akzeptierte die Mietnachzahlung – aber nur als „einmaliges Entgegenkommen“.
Dass solche Erfahrungen keine Ausnahme sind, belegen Dutzende Online-Beschwerden von Invitation-Homes-Mietern. Viele von ihnen berichten, dass ihre Forderungen und Einsprüche unbeantwortet blieben. Andere klagen über schwerwiegende Baumängel an ihren nur oberflächlich aufgemotzten Häusern.
In wenigstens einem Fall lässt sich sogar belegen, dass Blackstone offensichtlich auch mit juristischen Tricksereien arbeitet. In Orlando, Florida hat die Filiale von Invitation Homes eine Räumungsklage vorgetäuscht. Wie in der Lokalzeitung Orlando Sentinel zu lesen war, erhielt der Mieter Francisco Molina per Post eine gefälschte amtliche Mitteilung, wonach eine gerichtliche Räumungsklage gegen ihn vorliege. Das wurde von der Stadtverwaltung sofort dementiert. Aber der eigentliche Hammer ist, dass Invitation Homes ohnehin nicht berechtigt war, Molina rauszuwerfen. Denn schon Monate zuvor war der Kauf des Hauses durch das Blackstone-Unternehmen rückgängig gemacht worden – diese Information war in der Firma verloren gegangen.
Solche Geschichten zeigen, dass Invitation Homes mit Räumungsklagen schnell bei der Hand ist. Und der Fall in Orlando dürfte angesichts des Geschäftsmodells von Blackstone eher die Regel als die Ausnahme sein. Ein Finanzunternehmen, das seine Anleihepapiere mit Mieteinnahmen besichert, steht unter großem Druck, für einen permanenten Cashflow zu sorgen. Dieser Druck wird an den Mieter weitergegeben: Wer nicht pünktlich zum Ersten des Monats zahlt, fliegt er raus.
Obwohl Blackstone bisher erst eine mietenbesicherte Anleihe aufgelegt hat, ist ein derart strenges Vorgehen offenbar jetzt schon üblich. Nach einem Bericht im Charlotte Observer hat das Unternehmen in dieser Stadt in North Carolina bereits Räumungsverfahren gegen jeden zehnten Mieter eingeleitet.
Natürlich machen im landesweiten Vergleich 40 000 Häuser lediglich einen kleinen Prozentsatz aller Wohnimmobilien aus. Aber in den Städten, auf die Blackstone seine Kaufaktivitäten konzentriert, befindet sich bereits ein erstaunlich großer Anteil des Immobilienmarkts in seinem Besitz. In Phoenix, Arizona, gibt es zum Beispiel ein Viertel, wo fast in jeder Straße mindestens ein Haus zum Blackstone-Imperium gehört (häufig sind es auch zwei oder drei).
Diese Entwicklung lässt befürchten, dass der Private-Equity-Gigant – womöglich im Verein mit weiteren institutionellen Investoren – auf regionalen Märkten ein Monopol erlangen könnte, was wiederum das Mietpreisniveau in die Höhe treiben würde. Doch die größte Sorge für die Durchschnittsbürger sollte eine ganz andere sein: Das ganze Mietwohnungsimperium mitsamt seiner Basis von neuartigen Anleihepapieren könnte innerhalb weniger Jahre zusammenbrechen – was erneut zu der inzwischen sattsam bekannten ökonomischen Abwärtsspirale führen würde.
Diese Gefahr sieht auch Michael Donley, der sich über die rasch wachsenden Blackstone-Investitionen in seinem Wohnviertel in Chicago kundig gemacht hat. „Man lässt es zu, dass die Wall Street einen erheblichen Teil des Markts für Einfamilienhäuser kontrolliert. Aber geht das auf lange Sicht gut? Das ganze Modell könnte schon 2016 zusammenbrechen, und dann werden wir schlimmer dran sein als 2008.“
Aus dem Englischen von Niels Kadritzke Laura Gottesdiener schreibt unter anderem für Rolling Stone und Huffington Post. Ihr Buch „A Dream Foreclosed“ (Zwangsversteigerung eines Traums) über die Folgen der Hypothekenkrise für die Afroamerikaner erschien 2013 bei Zuccotti Park Press. © Laura Gottesdiener über Agence Global; für die Übersetzung Le Monde diplomatique, Berlin