12.11.2010

gestern in LMdheute in den Nachrichten

zurück

gestern in LMdheute in den Nachrichten

Omar Khadr und die Guantánamo-Justiz

Am 31. Oktober hat ein Militärgericht der US-Armee in Guantánamo den kanadischen Staatsbürger Omar Khadr zu 40 Jahren Haft verurteilt. Dem heute 24-jährigen Angeklagten, dessen Familie aus Pakistan stammt, wurde die „Ermordung“ eines US-Soldaten vorgeworfen, der 2002 in Kabul von einer Handgranate getötet wurde. Omar Khadr war damals 15 Jahre alt. Acht Jahre später bekannte er sich in Guantánamo als schuldig im Sinne der Anklage. Das Schuldgeständnis ist Teil eines juristischen Deals mit dem Pentagon, wonach Khadr von seiner Strafe höchstens acht Jahre absitzen muss. Zudem kann er seine Überstellung nach Kanada beantragen. Dort hat er gute Chancen, bald auf freien Fuß zu kommen. Das Oberste Gericht des Landes hat im Januar entscheiden, der Prozess in Guantánamo habe die Grundrechte des Angeklagten verletzt, weil ihm die Auslieferung nach Kanada verwehrt worden ist.

Der Fall Omar Khadr wirft auch nach dem Urteil gravierende rechtliche Fragen auf. Die wichtigsten werden in einem Text von Chase Madar untersucht, der am Beispiel dieses Falls die Eigenheiten der Offshore-Justiz des US-Militärs darstellt. Nachzulesen in Le Monde diplomatique vom August 2010 unter dem Titel „Der lange Abschied von Guantánamo“.

Chodorkowski und die russische Justiz

Im Prozess gegen den russischen Exoligarchen Michail Chodorkowski hat der Angeklagte am 27. Oktober sein Schlusswort gesprochen. Der ehemalige Yukos-Chef wünschte den Richtern „Mut“ zu einer unabhängigen Willensbildung. Das Urteil wird für den 15. Dezember erwartet. Dann wird sich zeigen, ob sich die Richter durch den Schuldspruch beeindrucken lassen, den Regierungschef Putin bereits öffentlich geäußert hat. Sollte es wider Erwarten zu einem Freispruch kommen, hat die Staatsanwaltschaft vorsorglich bereits weitere Anklagepunkte im Köcher. Wer mehr über den Hintergrund des Prozesses und die Biografie des Hauptangeklagten erfahren will, kann in Le Monde diplomatique die detaillierte Analyse von Keith Gessen nachlesen: „Als der Oligarch die Regel brach – Chodorkowski, Putin der der Fall Yukos“. Der Text stand in der Ausgabe vom April 2010.

Le Monde diplomatique vom 12.11.2010