11.10.1996

Chiquita makes the world go round

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Chiquita makes the world go round

ROBERT Dole redet goldene Worte: „Wenn bestimmte Interessengruppen jemandem Geld spenden, dann erwarten sie von ihm etwas anderes als nur eine gut funktionierende Politik.“ Wenn also Carl Lindner, Präsident eines gigantischen Mischkonzerns (Versicherungen, Medien und Bananen), für kommende politische Großtaten des Republikanerchefs 225000 Dollar spendet und seiner Partei nebenbei 160000 Dollar, dann muß sich diese Investition wohl auszahlen. In Wirklichkeit ist sie fast bescheiden. Im letzten Herbst nämlich, als im Kongreß gerade der „Haushaltskampf“ und in Bosnien noch der Krieg im Gange waren, kündigte Dole seinen etwas verdutzten Kollegen im Senat an, es hätte für ihn „oberste Priorität“, etwas gegen die „ungerechte Bananenpolitik [der Europäischen Union] zu tun“1.

Man möchte meinen, der republikanische Senator habe sich doch wohl nicht nur vom Schicksal eines seiner Hauptgeldgeber dazu hinreißen lassen. Ganz gewiß müssen die Interessen der US-amerikanischen beziehungsweise aus Kansas stammenden Banane (für den Staat Kansas saß Dole von 1960 bis zum Sommer 1996 im Kongreß) unter der europäischen Politik gelitten haben. Leider stimmt das nicht ganz. Die Vereinigten Staaten erzeugen kaum Bananen, Kansas schon gar nicht. Statt dessen war die Tatsache, daß Dole regelmäßig das Privatflugzeug benutzte, das der Chef von Chiquita Brands International ihm zur Verfügung stellte, Grund genug für die Drohungen des Senators aus Kansas an die Adresse der Regierungen Kolumbiens und Costa Ricas. Denn diese beiden Staaten, in denen Chiquita fest verwurzelt ist, hatten es gewagt, einen Handelskompromiß mit Europa auszuhandeln, ohne vorher die Zustimmung Lindners einzuholen! Mangels größerer Kampfeslust hätten sich Kolumbien und Costa Rica also zumindest Handelssanktionen der Amerikaner ausgesetzt gesehen, wenn Senator Doles Kollegen sich ihm angeschlossen hätten. Diese Sanktionen wären um so paradoxer gewesen, als sie just in dem Augenblick hätten verhängt werden sollen, da Washington so tat, als wolle es die (legalen) Ausfuhren Kolumbiens fördern, um dieses Land vom (illegalen) Kokainhandel abzubringen.

Dann aber, wenn eine neue Drogenwelle über den nordamerikanischen Kontinent hereingebrochen wäre, würde der republikanische Präsidentschaftskandidat höchstwahrscheinlich die „Laxheit“ der demokratischen Regierung dafür verantwortlich gemacht haben. Währenddessen hätte sich Herr Lindner an seinem Wohnsitz in Cincinnati als gehätschelter Bürger einer echten Bananenrepublik wohlfühlen, ja sonnen dürfen ...

S. H.

1 Vgl. „Banana Republican“, Spy, Oktober 1996. Siehe auch „Dole Campaign Coffers are Filled by Network of Business Families“, The Wall Street Journal Europe, 13. Februar 1996.

Le Monde diplomatique vom 11.10.1996, von S. H.