13.12.1996

Die Lasten der nachkolonialen Ära

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Die Lasten der nachkolonialen Ära

FÜNF Jahre nach dem Zerfall der Sowjetunion könnte die Zeit für eine erneute Integration gekommen sein. Angesichts ihrer wirtschaftlichen Interdependenz versuchen die GUS- Staaten auf den Trümmern der UdSSR eine neue Struktur zu errichten (s. den Artikel von Nina Baschkatow).

Aber eine Normalisierung wird noch immer durch das militärische Übergewicht Rußlands, das Mißtrauen zwischen den Republiken und regionale Spannungen behindert. Georgien trat der GUS nur unter dem Druck von Sezessionsbewegungen bei. Armenien und Aserbaidschan streiten sich immer noch um Berg-Karabach. Jerewan sieht die GUS als Bollwerk gegen die Türkei. Baku nutzt seine Erdölvorkommen zu intensiveren Außenkontakten.

Weißrußland im europäischen Teil der Ex-UdSSR hat seine traditionelle Ausrichtung auf Moskau 1996 mit einem neuen Unionsvertrag noch verstärkt. Die Aussöhnung zwischen Rußland und der Ukraine wird weiter durch den Streit um die Schwarzmeerflotte blockiert (s. den Artikel von Alain Guillemoles). In der (mehrheitlich rumänischen) Republik Moldau, wo seit 1992 eine prekäre Ruhe herrscht, hält der GUS-Beitritt die Autonomiebestrebungen der turksprachigen Gagausen und der in Transnistrien lebenden Russen unter Kontrolle.

In Mittelasien herrscht bezüglich der Integration der GUS mit Rußland als Zentrum keine Einigkeit (s. den Artikel von Vicken Cheterian). Das empfindliche regionale Gleichgewicht könnte durch den Afghanistan-Konflikt ins Wanken geraten. Das gilt zumal für Tadschikistan, wo sich das von der russischen Armee unterstützte Regime und die islamische Opposition in einem Bürgerkrieg befinden.

ERLENDS CALABUIG

Le Monde diplomatique vom 13.12.1996, von ERLENDS CALABUIG