17.01.1997

Ein Jahr der Autonomie

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Ein Jahr der Autonomie

DER Versuch, in Mahabad ein autonomes kurdisches Gebiet zu begründen, ist vor dem Hintergrund des Zweiten Weltkriegs unternommen worden. 1941 hatte die Sowjetmacht den Norden und England den Süden des Iran besetzt, Reza Schah dankte ab, und damit war die kurdische Nationalbewegung im Iran von der harten Unterdrückung durch die Zentralmacht befreit, unter der sie zuvor zu leiden gehabt hatte. In Mahabad nützte Mohamad Quazi die Gelegenheit, um die Kontrolle über seine Heimatstadt und die umliegende Region zu übernehmen – vom Urmiah-See bis nach Sakiz.

Quazi setzte in erster Linie auf Verhandlungen, er versuchte, die Unterstützung der Sowjetunion zu gewinnen und gleichzeitig einen Ausgleich mit Teheran zu finden. Erst als diese Bemühungen gescheitert waren, nahm er 1944 eine militantere Haltung ein und schloß mit den Kurdenführern im Irak und in der Türkei ein Abkommen über die Bildung eines Staates Groß-Kurdistan. Zugleich schloß er sich insgeheim der Komala an, einer Geheimgesellschaft für die kurdische Sache im Iran, Vorläuferin der Irakischen Demokratischen Partei Kurdistans (PDKI). Am 17. Dezember 1945 ließ er auf allen offiziellen Gebäuden Mahabads die kurdische Fahne aufziehen. Diesmal erhielt er den Schutz der Sowjetunion, die in Kurdistan ihre eigenen Interessen verfolgte.

Am 22. Januar 1946 rief Mohamad Quazi die erste autonome kurdische Republik aus, deren Territorium (15000 Quadratkilometer) und wirtschaftliche Mittel bescheiden blieben, der jedoch große kulturelle und symbolische Bedeutung zukam. Rasch setzte die Zuwanderung zahlreicher Kurden aus dem Irak nach Mahabad ein, und diese Verbände waren es, die unter der Führung des Generals Barzani die ersten Angriffe der iranischen Armee zurückschlugen.

Doch die internationale Entwicklung verlief ungünstig. Unter dem Druck der Westmächte zog sich die Sowjetunion im Mai 1946 aus dem Iran zurück. Im August begab sich Mohamad Quazi erneut nach Teheran, um einen Modus vivendi auszuhandeln – vergeblich, denn der neue Schah, Mohamad Reza, der nun freie Hand hatte, setzte die blutige Unterdrückungspolitik seines Vaters gegen die Kurden fort. Am 27. November begann die iranische Armee ihren Angriff, Mahabad kapitulierte am 16. Dezember. Mohamad Quazi wurde am 31. März 1947 öffentlich gehängt – auf jenem großen Versammlungsplatz, auf dem er vierzehn Monate zuvor die Republik Mahabad proklamiert hatte.

Le Monde diplomatique vom 17.01.1997