Götterdämmerung in Zaire
DER Chef der Rebellenarmee, Laurent Désiré Kabila, genießt den Nimbus eines „Königsmörders“, dem es obliegt, das Schicksal des seit fünfunddreißig Jahren herrschenden Regimes von Marschall Mobutu zu besiegeln. Während Mobutu in gewissen Kreisen Frankreichs noch immer Unterstützung genießt, haben die Vereinigten Staaten ihn bereits fallengelassen, und auch nach seiner Rückkehr ins Land Ende März ist die Lage immer aussichtsloser geworden.
Der „Krieg der Großen Seen“ hat eher psychologische als technische Dimensionen. Eine nach der anderen fallen die großen Städte kampflos und wie reife Früchte an die von Kabila geführte „Allianz demokratischer Kräfte für die Befreiung von Kongo/Zaire“. Die taktischen Möglichkeiten, über die die Reste des zairischen Regimes noch verfügen (Anwerbung von Söldnern, Rückgriff auf Hubschrauber und Kampfflugzeuge), blieben ohne nennenswerte Wirkung auf den Ablauf der Kämpfe. Die Rebellen, unterstützt von Militärberatern aus Ruanda und Uganda, sind gut ausgebildet und diszipliniert, während die reguläre Armee demoralisiert erscheint und keinen Respekt für ihre eigenen Landsleute hat.
Unaufhaltsam hat sich der Konflikt in der Region der Großen Seen (mit ihrem unerschöpflichen Reichtums an Bodenschätzen wie Gold, Diamanten, Kupfer und Kobalt) auf mehrere Länder ausgeweitet. Mit hineingezogen wurden, neben dem Schlachtfeld Zaire, auch Uganda und Ruanda (als Nachschubbasen für Waffen und Menschen), Burundi (das mit seinen eigenen Hutu-Rebellen abrechnet), Tansania (das mehrere hunderttausend Hutu-Flüchtlinge über die Grenzen nach Ruanda abgeschoben hat), bis hin zu Angola, von wo aus ehemalige Kämpfer der Unita den zairischen Regierungstruppen zu Hilfe geschickt wurden, während Abkömmlinge der ehemaligen „Katanga-Gendarmen“ die Rebellen verstärkten.
Auf den beiden afrikanischen Gipfelkonferenzen im März dieses Jahres war die Sorge um die Lage in Zaire zentrales Thema. Zur gleichen Zeit stolperten die Bemühungen um einen Frieden in Angola erneut über die Winkelzüge des alten Warlords Jonas Savimbi, und im Sudan herrscht wieder Bürgerkrieg, nachdem die im Süden operierende Guerilla Erfolge melden konnte und nun von der Vereinigung mit der Opposition im Norden träumt, die ihrerseits mit dem bewaffneten Kampf liebäugelt.
PHILIPPE LEYMARIE