12.02.1999

Händlerringe in Frankreich

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Händlerringe in Frankreich

SEIT 1997 zeigt der osteuropäische Frauenhandel auch in Frankreich seine Auswirkungen. Nach Angaben eines leitenden Vertreters des Zentralbüros für die Bekämpfung des Menschenhandels (Ocreth) sind die Hauptziele der Händler Paris und die großen Provinzstädte, mit Nizza an der Spitze, wo „70 Prozent der ausländischen Prostituierten aus Osteuropa stammen“. 1997 beobachtete das Ocreth erstmals ganze Banden des organisierten Verbrechens, „die in den Bezirken, wo sie operieren, auch die Prostitution kontrollieren“.

Im September 1997 deckte die Polizei ein Netz von bulgarischen Händlern auf, die etwa zwanzig junge Frauen – alles Bulgarinnen – auf den großen Pariser Boulevards auf den Straßenstrich schickten. Das gleiche geschah in Nancy, wo ein albanischer Händlerring ebenfalls etwa zwanzig junge Mädchen zur Prostitution zwang. Vor kurzem flog ein litauischer Händlerring auf. Die jungen Frauen machten in Paris Zwischenstation und wurden dann weiter nach Guadeloupe geschickt, um dort in schicken Nachtlokalen zu arbeiten.

Trotz der angeführten Beispiele ist Frankreich von diesem Mißstand weitaus weniger betroffen als Belgien oder die Niederlande. Das strenge französische Strafgesetz schreckt nach Aussagen der Polizei die Händler ab. Tatsächlich wird der kriminelle Zusammenschluß mit zwanzig Jahren, Zuhälterei mit fünf und Zwangsprostitution mit bis zu zehn Jahren geahndet. Das französische Innenministerium bedauert, daß mehrere europäische Länder eine Zusammenarbeit in diesem Bereich abgelehnt haben. Ein hoher Beamter meint: „Die Erfahrungen, die wir bei der polizeilichen Zusammenarbeit gemacht haben, erwecken bei uns den Eindruck, daß die Bekämpfung des Menschenhandels für manche EU-Mitgliedstaaten nicht gerade eine Priorität darstellt.“

Le Monde diplomatique vom 12.02.1999